Die Kartoffeldeutschen

Etwa 1 Millionen Deutsche, die nicht in Deutschland leben, gibt es weltweit. Doch wir müssen nicht bis nach Übersee schauen, um deutsche Sprachinseln zu finden. In unserem nördlichen Nachbarland Dänemark lebt seit der Mitte des 18. Jahrhunderts eine deutsche Minderheit: die Kartoffeldeutschen.

Der Name ‚Kartoffeldeutsche‘ ist, anders als man vermuten würde, keine abwertende Bezeichnung für diese Siedlergruppen, sondern beinhaltet die Vorliebe der Deutschen die Kartoffel zu essen und nicht, wie die Dänen zu dieser Zeit, als Futter für die Tiere zu betrachten.

Ähnlich wie viele deutschen Siedler in Russland oder Polen folgten die Menschen der Einladung eines Landesherren, in Dänemark die des dänischen Königs Friedrich V.. Er plante die riesigen Heideflächen seines Landes in Ackerflächen umzuwandeln, hatte aber nicht genug Siedler für dieses Unterfangen. Kurzerhand warb er Siedler, besonders aus Baden, der Pfalz und Hessen, an. Dort lebten viele Menschen, v.a. Bauern, in ärmlichen Verhältnissen und träumten von eigenem Land und ein wenig Wohlstand.

Als Anreiz versprach er den Deutschen nicht nur das Land zur Bewirtschaftung, sondern auch Steuerfreiheit und die Befreiung vom Militärdienst. Außerdem bekamen die Familien Starthilfe in Form von Haushaltsgegenständen und durften ihre Bräuche und Sprache weiterhin pflegen. Diese Zugeständnisse waren fast überall zu finden, nicht nur in Dänemark. Und wie überall stießen die Siedler bei der ansässigen Bevölkerung nicht auf uneingeschränktes Verständnis.  

Die Flächen für die Kultivierung lagen in Jütland und im Herzogtum Schleswig. Die Regionen waren zu der Zeit nur dünn besiedelt und schlecht zugängig. Die Aufgabe bestand u.a. darin Moore trocken zu legen und Wälder zu roden, was schwere körperliche Arbeit war. Knapp 1000 Personen folgten dem Ruf des Königs, was für diese Region zu viele waren und nach kurzer Zeit verließen einigen Familien die Gegend wieder, entweder zurück in die Heimat oder in andere Länder. Auch die erste Unterbringung der Siedler ließ zu wünschen übrig. Es gab keinen angemessenen Wohnraum. Die Verbliebenen hatten es mit kargen Böden und schlechten Bedingungen zu tun. Doch die Deutschen blieben hartnäckig und gründeten erste Siedlungen.

Mitte des 19. Jahrhunderts endete für die Siedler die Unterstützung der Dänen. Die Höfe mussten von den Deutschen entweder gekauft oder gepachtet werden, was viele Familien finanziell nicht tragen konnten. Ein Teil kehrte nach Deutschland zurück. Andere entschieden sich zu bleiben, vermischten sich mit der dänischen Bevölkerung, blieben ihren Traditionen und ihrer Sprache treu, bis heute. Interessant ist, dass die Kartoffeldeutschen das verbreitete Niederdeutsch, das in Norddeutschland gesprochen wird, nicht sprechen, da ihre Vorfahren aus südlicheren Gebieten stammten. Es wird fast ausschließlich Standarddeutsch gesprochen, vereinzelt kann man Nordschleswiger Platt hören.  

Die Deutschen in Dänemark sind als nationale Minderheit anerkannt, das bedeutet die Menschen haben ein Anrecht auf die freie Verwendung der deutschen Sprache, Schulbildung in Deutsch usw. Die genaue Zahl ist nicht bekannt, man geht von ca. 20 Tausend Menschen aus. Die dort lebenden Deutschen sind vollständig in die Gesellschaft integriert, sprechen auch Dänisch. Ähnlich wie die dänische Minderheit in Deutschland sind sie in das politische System Dänemarks eingebunden, vermehrt aber auf kommunaler Ebene.

Quellen

Otto Clausen: Chronik der Heide- und Moorkolonisation im Herzogtum Schleswig. Husum 1981

https://www.migrazioni.altervista.org/deu/1migration/3.3_kartoffeldeutsche.html

https://www.gfbv.it/3dossier/eu-min/schleswig.html#r5

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