Minderheiten in Litauen

Im Vergleich zu Deutschland ist Litauen ein recht kleines Land. Aber es hat eine lange und wechselhafte Geschichte und darum auch so viele nationale Minderheiten. Der heutige Staat Litauen ist mit der Größe des historischen Litauens nicht zu vergleichen, doch trotzdem leben in Litauen zahlreiche nationale Minderheiten, die meisten davon schon seit vielen Generationen.

Im baltischen Raum hatte Litauen schon lange vor den andere Staaten Lettland und Estland ein eigenes Staatswesen und dementsprechend eine Rechtsprechung, die sich auch für die Minderheiten verantwortlich fühlte. Einige Minderheiten wie Polen oder Russen spielten früher oft bedeutende Rollen in der litauischen Politik.

Von den 3 Millionen Einwohnern Litauens sind ca. 85% ethnische Litauer. Die Zahl hat sich in den letzten Jahrzehnten leicht erhöht, da die Zahl der Minderheitsangehörigen rückläufig ist. Gründe dafür sind unter anderem der Zerfall der Sowjetunion und die Abwanderung nicht- litauischer Gruppen in andere Staaten wie Deutschland oder Russland. Seit dem EU-Beitritt Litauens im Mai 2004 ist eine vermehrte Rückkehr von Litauer*innen aus dem Ausland nach Litauen zu erkennen, was mit der verbesserten Wirtschaftslage des Landes zu tun hat.

Der Status der Minderheiten ist in der litauischen Verfassung geregelt. Schon 1922 wurden Minderheiten, die eine bestimmte Größe hatten, grundlegende Rechte wie Bildung und Vereinsgründungen gewährt, auch eine staatliche finanzielle Unterstützung war inbegriffen. Diese Privilegien wurden leider schon wenige Jahre später massiv eingeschränkt, nachdem sich Antanas Smetona 1926 an die Macht putschte und das Land diktatorisch regierte. Die deutsche Besatzung Litauens verbesserte die Situation der Minderheiten nicht, mit Ausnahme der deutschen Minderheit.

Nach dem Ende des II. Weltkrieges stand Litauen unter sowjetischer Kontrolle, zum Vorteil für die russische Minderheit. Die Zahl der litauischen Einwohner verringerte sich u a. durch Deportationen. Doch während den Litauer nach und nach bestimmte Rechte in Bezug auf ihre Sprache und Kultur zugestanden wurden, verloren alle anderen Minderheiten ihre Rechte. Der Zerfall der Sowjetunion ermöglichte die Stärkung der Minderheitenrechte in Litauen. Schon Ende 1989 trat ein Minderheitenschutzgesetz in Kraft.

Damit waren aber bei Weitem nicht alle Differenzen der Bevölkerung beigelegt. Relativ große Minderheiten wie die russische und polnische hatten im neuen politischen System keine einfache Position, was die Beziehungen der Länder zueinander belastete.

Seit 1992 verbietet die Verfassung Litauens die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer Zugehörigkeit. Artikel 37 erlaubt allen Volksgruppen die freie Ausübung ihrer Kultur und Sprache. Alle Angelegenheiten sollen die Minderheiten selbstständig regeln. Unterstützung wird vom Staat zwar zugesagt, aber nicht genauer definiert. Damit sind Minderheiten, die sich nicht auf Unterstützung eines Nationalstaat als ‚ursprüngliches Herkunftsland‘ stützen können, eindeutig im Nachteil.  

Außerdem hat Litauen bisher die Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen weder unterschrieben noch sonst eine Gesetzesgrundlage innerhalb des litauischen Staatsgebietes geschaffen.

Die letzte Volkzählung ist aus dem Jahr 2021. Die größte Minderheit ist die polnische, die zwischen 6-7% der Bevölkerung Litauens ausmachen. Ähnlich groß (5%) ist die russische Minderheit, die aber seit 1989 deutlich abgenommen hat. Andere Gruppen wie Deutsche, Tataren oder Letten machen zusammen kaum 1% der Bevölkerung aus und sind gut integriert.

Quellen

Schmidt, Carmen. Minderheitenschutz im östlichen Europa Litauen: https://iorr.uni-koeln.de/sites/ostrecht/forschung/Minderheitenschutz_im_oestlichen_Europa/Litauen_Schmidt.pdf

Litauische Verfassung: https://www.verfassungen.eu/lt/index.htm

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