
Die polnische Verwaltungsreform von 1999 hat die Gliederung des Landes stark verändert. Im Südosten entstand aus drei kleineren Woiwodschaften die große Woiwodschaft Karpatenvorland, polnisch Województwo podkarpackie. Sie grenzt an die Slowakei und die Ukraine, was sich besonders in der Sprachenlandschaft und der Geschichte der Region zeigt.
Wie der Name schon verrät, liegt die Region im Gebiet der Karpaten. Das Gebiet ist von Nord ausgehend hügelig, Ausläufer der Roztocze-Kette, bis zum südlichen Teil, der in den Karpatengebirgszug übergeht. Dieses Gebirge zieht sich weiter durch die Slowakei und die Ukraine bis nach Rumänien. Zahlreiche Flüsse durchziehen die Woiwodschaft, der größte ist der San, der später in die Weichsel mündet. Die Region konnte durch die hohen Niederschlagsmengen in den Bergen in den tiefer gelegenen Landstrichen optimale Bedingungen für Wassertourismus schaffen. Auch die vielen Naturschutzgebiete, u.a. der Bieszczady-Nationalpark, sind ein Paradies für Naturliebhaber.
Große Teile der heutigen Woiwodschaft gehörten vor den polnischen Teilungen zu Kleinpolen. Nach den Teilungen lag die Region im habsburgischen Einflussbereich und bildeten den zentralen Teil Galiziens. Durch die verschiedenen Mächte, die in der Region wirkten, gilt das Karpatenvorland als eine Art Schmelztiegel. In früherer Zeit lebte viele Juden besonders in der Stadt Rzeszów bis zur Zeit des Zweiten Weltkrieges. Die Nähe zur Ukraine führte 2022 zu einer Welle von Flüchtlingen nach Rzeszów, da sie eine der wenigen Großstädte in Grenznähe ist.
Die Woiwodschaft ist nur dünn besiedelt. Etwa die Hälfte der Einwohner*innen lebt in Städten, die meisten in der einzigen Großstadt der Region: Rzeszów. Interessanterweise ist die Lebenserwartung im Vorkarpatenvorland die höchste in ganz Polen.
Wirtschaftlich ist die Region ein wichtiger Standort. Der Abbau von Rohstoffen wie Schwefel und kleinen Mengen an Erdgas sowie Industriezweige z.B. Maschinenbau und Luftfahrttechnik sind neben der Landwirtschaft große Wirtschaftsgaranten. Der Tourismus ist durch die vielen Schutzgebiete und die Berge ein Magnet für Touristen aus aller Welt.
Neben der Amtssprache Polnisch werden in der Region auch Slowakisch und Ukrainisch gesprochen, was nicht nur historisch bedingt ist, sondern auch den aktuellen Gegebenheiten geschuldet ist. Das Gebiet gehört allgemein zum Dialektgebiet des Kleinpolnischen, doch auch die Gruppe der neu-gemischten Dialekte findet sich vor allem an der Grenzlinie, was sich auf die Umsiedlung der polnischen Bevölkerung aus den ehemalig polnischen Gebieten weiter im Osten zurückzuführen lässt. In der Forschung sind diese Dialekte noch nicht hinreichend erforscht, weil es vor den Zerfall der Sowjetunion nicht als Forschungsgegenstand angesehen wurde und heute nur schwer umsetzbar ist, da bei der Umsiedlung nicht auf sprachliche Gruppen geachtet wurde. Das Forschungsfeld der neu-gemischten Dialekte (übrigens auch im Norden und Westen Polens zu finden) würde auch die Arbeit von Historikern erfordern, um die Herkunft der Sprecher*innen korrekt zu ermitteln.
Das Wappen zeigt einen silbernen Greif auf rotem Grund und einen goldenen Löwen auf blauem Grund, über denen ein weißes Tatzenkreuz steht. Der Greif ist das Wappentier der ehemaligen Woiwodschaft Bels (polnisch Bełz), der Löwe der historischen Woiwodschaft Ruthenien (Ruskie).
Quellen
Heyde, Jürgen. Geschichte Polens. Beck, München 2006
Website der Woiwodschaft Karpatenvorland: https://rzeszow.uw.gov.pl/