Die Lutki – Zwerge der Lausitz

Unter den vielen Sagegestalten der Sorben gibt es Wesen, die schon vor der Ankunft der Menschen in der Lausitz und Umgebung lebten. Die Sorben nennen sie Lutki – kleine Leute. Das Wort könnte vom slawischen Wort lud – Volk kommen, die Lutki sind also Leute eines Völkchens. In manchen Quellen sieht man die Schreibweise Ludki. In der Oberlausitz nennt man sie auch Zwerge oder Querxe. Ihre Bekanntheit reicht bis nach Böhmen hinein.

Zwerge oder kleine Wesen sind in allen Kulturkreisen Europas bekannt. Unterschiede im Aussehen oder Namen sind zwangsläufig vorhanden, aber die sorbischen Lutki sind eine ganz spezielle Sorte Zwerg. Im Gegensatz zu den meisten Zwergengestalten sind sie den Menschen zugetan und wollen ihnen nichts Böses, solange man sie freundlich und ehrlich behandelt. Ganz anders zeigen sich beispielsweise die Zwerge der germanischen Sagenwelt.

Der Legende nach wohnten die Lutki in Höhlen oder Hügeln (sogenannte Lutkenberge oder -hügel sorbisch Ludkowa gora/Ludkowa gorka), zogen sich dann aber in die Erde zurück als das Christentum sich ausbreitete und die Kirchenglocken Lärm machten. Eine Geschichte erzählt, die Lutki sollen sich so vom Glockenlärm gestört gefühlt haben, dass sie versuchten eine der Glocken mit einem Stein zu zerstören, aber sie waren zu schwach, um den Stein zu tragen. Also blieb ihnen nichts anderes übrig als sich zurückzuziehen.

Die Lutki sind als Hausgeister positiv gestimmte kleine Wesen. Sie helfen den Menschen beim Hausbau, lehren sie handwerkliche Fähigkeiten wie schmieden und machen manchmal auch kleine Geschenke. Als Haus- und Schutzgeister fühlen sie sich den Menschen verbunden.

In den Geschichten wird berichtet, dass die Lutki sorbisch sprechen, wenn auch nicht immer verständlich. Jedoch haben sie die witzige Angewohnheit alles zu verneinen, beispielsweise buken sie Nichtbrote oder liehen sich einen Nichtbacktrog. Oder sie sprechen rückwärts, was zu einem unverständlichen Kauderwelsch führt.

Ihr Zusammenleben mit den Menschen gestaltet sich sehr harmonisch, sie sind gern gesehen und wohl ein gewohnter Anblick. Lutki werden oft mit den typischen Zipfelmützen der Zwerge dargestellt, ihre Kleidung manchmal in grauer oder brauner Farbe beschrieben, in anderen Geschichten als farbenfroh. Dabei kann man davon ausgehen, dass durch Überlieferungen Freiheiten in den Erzählungen genutzt werden.

Lutki sind allgemein sehr gesellig und feiern gerne Feste. An vielen Festplätzen in der Lausitz sollen sie ausgiebig feiern und tanzen, Hochzeiten halten und sich amüsieren.

Anderen Erzählungen und Sagen von Zwergen habe die Lutki aber gemein, dass sie wohl Schätze hüten. Allgemein wird Zwergen ja oft Habgier und eine Sammelleidenschaft für Gold und Edelsteine nachgesagt. Unter vielen Bergen vermutet man das Gold der Lutki, dass sie manchmal an Menschen abgeben, die arm sind. Oder wenn Menschen den Lutkis halfen, sollen sie dafür Gold oder Silber als Belohnung bekommen haben. Immer nach dem Motto: Wer gutes tut, dem widerfährt auch Gutes. Die Menschen mussten beweisen, dass sie es verdienten.

Der Zugang zum Schatz der Lutki ist versteckt, nur ein Mensch, der ihn sich redlich verdient hat, kann ihn finden. Damit findet man die typischen Narrative aus Märchen und Legenden auch in den Geschichten der Lutki.

Abgesehen, dass es zahlreiche Geschichten aus allen Ecken des Spreewaldes gibt, haben die Lutiks allein schon durch ihr Aussehen die Sympathien auf ihrer Seite. In den Abbildungen in Büchern oder Schnitzereien sieht man niedliche kleine Kerle, die fröhlich sind. Ihre Geschichten eignen sich hervorragend zum Erzählen. Sie sind, im Vergleich zu Märchen, nicht grausam und trotzdem lehrreich für die Zuhörer.

Quellen:

Sagen der Lausitz. Eine Auswahl. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Domowina-Verlag, Bautzen 1965

Zdeněk, Váňa. Mythologie und Götterwelt der slawischen Völker. Die geistigen Impulse Ost-Europas, Urachhaus, Stuttgart 1992

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