Die polnische Region Kujawien (poln. Kujawy) liegt im Herzen Polens, im Osten von der Wisła (dt. Weichsel) und westlich durch die Noteć (dt. Netze) begrenzt. Das nördliche Zentrum ist die Stadt Bydgoszcz (dt. Bromberg), der südlich-östliche Fixpunkt die Stadt Włocławek (dt. Leslau). Die Grenzen der historischen Region unterscheiden sich leicht von der heutigen Woiwodschaft Kujawien-Pommern. Der Name Kujawy leitet sich (wahrscheinlich) von dem Begriff ‚kuiati‘ – ‚Wind‘ ab und beschreibt die Wetterverhältnisse vor Ort. Erwähnt wurde die Region erstmals im Jahr 1136 in einer päpstlichen Bulle.
Die bekanntesten Städte in der Region sind Toruń, Włocławek und Bydgoszcz, die sich unter preußischer Herrschaft als Wirtschaftszentren etablierten. Heute sind beide sowohl als Wirtschafts- als auch Kulturstandorte des Landes. Die wechselhafte Geschichte der Region spiegelt sich überall in der Architektur wider.
Das Gebiet Kujawiens wurde schon früh von den Goplanen, einem masowischen Slawenstamm besiedelt, denn der Boden ist fruchtbar und das Klima mild. Die ehemals großen Waldbestände wurden von den Siedlern durch Abholzung mancherorts stark dezimiert. Heute gibt es in der Region zahlreiche Naturschutzgebiete z.B. Różanna Dęby. Die größeren Siedlungen entstanden an den vielen Seen und Flussläufen der Region. Die Flüsse waren wichtige Handelsrouten, an denen zahlreiche Siedlungen entstanden z.B. die von Deutschen Orden gegründete Stadt Toruń (dt. Thorn). Bis in die Moderne waren diese Handelsrouten u.a. für Getreide ein wichtiger Wirtschaftszweig.
Im Mittelalter entstand in der Region das Herzogtum Kujawien (polnisch Księstwo Kujawskie), das vorher zu verschiedenen Herrschaftsgebieten gehörte und 1233 unabhängig wurde. Im Jahr 1306 vereinigte Władysław I. mehrere Herzogtümer wieder zu einem großen polnischen Königreich. Die vielen Kämpfe um polnische Gebiete endeten 1332 damit, dass der Deutsche Orden die Region in Besitz nahm. Doch schon kurz danach im Jahr 1343 verlor er das Gebiet bzw. musste es aufgrund des Friedensvertrages von Kalisz an den polnischen König zurückgeben.
Die Zugehörigkeit zur polnischen Krone bestand bis zur ersten polnischen Teilung 1772, bei der der nördliche Teil Kujawiens einschließlich Bydgoszcz von Preußen annektiert wurde, eingegliedert in die Provinz Westpreußen. Nach der zweiten polnischen Teilung 1793 fiel auch der südliche Teil an Preußen, eingegliedert in die Provinz Südpreußen. Das Königreich Preußen etabliert nach jeder Teilung rasch einen Verwaltungsapparat mit preußischer Rechtsprechung, Maßeinheiten, Schulwesen usw. in den neuen Gebieten. Die unterschiedlichen historischen Zugehörigkeiten des kujawischen Gebietes schufen unter den Menschen Fragen nach ethnischer und dialektaler Zusammengehörigkeit.
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges gewann Polen seine Unabhängigkeit nach 123 Jahren Teilung wieder und bekam durch die Bestimmungen des Versailler Vertrags u.a. auch Kujawien zurück.
In der Region wird der Kujawer Dialekt gesprochen, der der großpolnischen Dialekt-Gruppe zugeordnet wird. Durch Einwanderung von Sprechern germanischer Sprachen u.a. zahlreiche Niederländern, die sich dort im 17. Jahrhundert als Siedler niederließen, trifft man viele für das Polnische ungewöhnliche Wörter.
Einige bekannte Personen aus der Region Kujawien sind der Schriftsteller Stanisław Przybyszewski, die Schauspielerin Pola Negri und Mathematiker und Kryptologe Marian Rejewski.
Das Wappen Kujawiens zeigt einen roten halben Adler und einen halben schwarzen Greif unter einer goldenen Krone.
Quellen
Alexander, Manfred. Kleine Geschichte Polens. Reclam, Stuttgart 2008
Heyde, Jürgen. Geschichte Polens. 3. Auflage. Beck, München 2011
Monzer & Dydytch. Reiseführer Rund um Posen, Thorn und Bromberg. Trescher Verlag GmbH 2017