Die deutsche Sprachinsel in Namibia

Namdeutsch, Namibia-Deutsch, Südwesterdeutsch oder Namibisches Deutsch: Die deutsche Sprache in Namibia hat einige Namen. Je nachdem in welches Nachschlagewerk oder sprachwissenschaftliche Abhandlung man schaut, findet man Varianten, die aber alle dasselbe meinen.

Die Geschichte des Deutschen in Namibia beginnt 1842, als Missionare in das Gebiet des heutigen Namibia kamen. 1884 erklärte Bismarck Deutsch-Südwestafrika zum Schutzgebiet, was eigentlich nichts anderes hieß als es zur Kolonie zu erklären. Offiziell gab es Kaufverträge für die Bucht Angra Pequena (in manchen Atlanten als Lüderitzbucht benannt) und das angrenzende Küstenland, die Rechtmäßigkeit dieser Käufe ist doch stark anzuzweifeln. Ab 1890 kamen etwa 12.000 deutsche Siedler in die Kolonie, 1894 öffnete in Windhoek (Hauptstadt und wirtschaftlicher Dreh- und Angelpunkt) die erste Grundschule, 1909 folgte eine Oberschule. Dort wurden alle weißen Kinder beschult, die Schulsprache war natürlich Deutsch.

1915 besetzen südafrikanische Truppen das Kolonialgebiet, die deutschen Truppen kapitulierten und nach dem Ende des ersten Weltkrieges stand das Gebiet unter der Kontrolle des Völkerbundes. 1921 bekam Südafrika offiziell die Verwaltung übertragen, Englisch und Afrikaans wurden daraufhin als Amtssprachen eingeführt. Deutsch als Schulsprache wurde verboten.

In den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg blieb Deutsch der Status einer anerkannten Sprache Namibias verwehrt.

Erst 1984 gelang es der deutschsprachigen Minderheit Deutsch als halb-offizielle Amtssprache anerkennen zulassen, d.h. in Gebieten mit großer deutschsprachiger Bevölkerung durfte Deutsch als Schulsprache und Verkehrssprache genutzt werden. Es beschränkte sich aber auf spezielle Bevölkerungsgruppen, vor allem Weiße mit deutschen bzw. europäischen Wurzeln.

Seit 1990 ist Englisch alleinige Amtssprache Namibias, um eine Vereinheitlichung der Verwaltung und Gleichwertigkeit der Schulbildung für alle zu erreichen. Die anderen Sprachen Namibias erhielten den Status als anerkannte Nationalsprachen, insgesamt 11. Das sind neben Deutsch und Afrikaans vor allem Sprachen aus der Bantufamilie- und den Khoisan-Sprachen.

Die Mitglieder der deutschen Gemeinschaft in Namibia lebt vorwiegend in der Hauptstadt Windhoek, Swakopmund und kleineren Städten. Sie sind wirtschaftlich erfolgreich, führen Geschäfte und Unternehmen. Kulturell pflegen die meisten ein an Deutschland orientiertes kulturelles Leben. Es gibt zahlreiche deutsche Vereine (aus den Bereichen Sport, Musik und Kultur), ein Goethe-Institut in Windhoek, eine deutsche Zeitung und vieles mehr, außerdem wirtschaftliche Beziehungen zum ehemaligen Mutterland. Auch im Tourismus stellt Deutsch eine Größe dar, weil der Hauptteil der europäischen Touristen aus dem deutschsprachigen Raum kommt. Daher sind Deutschkenntnisse in Namibia ein wirtschaftlicher Vorteil, auch für die Bevölkerungsgruppen, die eine andere Muttersprache sprechen. Die Zahlen der Namibier, die Deutsch als Fremdsprache in der Schule lernen, ist steigend.

Heute leben etwa 22.000 deutschsprachige Personen in Namibia. Aufgrund der Vielsprachigkeit kommen die Deutschsprecher zwangsläufig in engen Kontakt mit den anderen Sprachen oder erlernen sie in der Schule. Daher sieht man im Deutsch der Namibier viele Einflüsse anderer Sprachen. Englisch und Afrikaans stammen zwar aus der gleichen Sprachfamilie wie Deutsch, unterscheiden sich aber in vielen Punkten. Auch die Bantu- und Khoisansprachen haben, wenn auch weitaus weniger als Englisch und Afrikaans, Eingang ins Namdeutsche gefunden.

Offensichtlich sind vor allem lexikalische Entlehnungen z.B. für Lebensmittel (`Papp`- Brei von Maismehl‘), geografische oder verwaltungsrelevante Begriffe (`Platteland`- ‚Bezirk‘). Aber auch morpho-syntaktische Komponenten, z.B. die Angleichung der Fälle oder die Verwendung der postverbalen Negation, lassen sich auf Sprachkontakte zurückführen.  

Eine interessante Varietät des Deutschen in Namibia ist das Küchendeutsch, auch Namibia Black German genannt. Es bezeichnet eine Art deutsche Varietät, die sich unter den Haushaltsangestellten der deutschen Kolonialherren herausgebildet hat. Forscher haben das Küchendeutsch in zwei Formen von Pidgin-German (I und II) eingeteilt, die vor allem auf einer Mischung von Deutsch und Afrikaans beruht, aber meist zu komplexe grammatische Strukturen ausweist, um die klassische Definition einer Pidginsprache (z.B. das Fehlen von Präpositionen) zu erfüllen. Jedoch ist diese Varietät des Deutschen dabei auszusterben. Es besteht für die Sprecher keine Notwendigkeit diese Sprachvariante weiterzugeben, denn die junge Generation erlernt meist eine der Nationalsprache als Muttersprache.

Unter Leuten der jungen Generation ist neben dem Namdeutschen auch der Namslang verbreitet. Junge Namibier mit Deutsch als Muttersprache lassen Einflüsse der anderen Sprachen einfließen, die für die Sprachenvielfalt ihres Landes sprechen. Dieser Slang wird fast nur mündlich verwendet und hat Einlass in die Kunst- und Musikszene Namibias gefunden.

Die deutsche Sprachinsel in Namibia ist eine der aktivsten Sprachinseln, die das Deutsche auf der Welt hat. Der Umstand verwundert, dass das Prestige der deutschen Sprache, trotz der negativ behafteten Geschichte, ein durchweg positives ist. Die deutschstämmigen Namibier bekennen sich zu ihrer Abstammung und pflegen die Sprache und die Kultur des Deutschen.

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