Božena Němcová

Die tschechische Schriftstellerin Božena Němcová kennt in Tschechien jedes Kind. Sie ist auf dem 500 Kronen-Schein zu sehen und füllt die Lehrpläne der Schulen mit ihrem Werk Babička (Die Großmutter).

Geboren wird Božena Němcová als Barbara Nowotny, wahrscheinlich 1816, offiziell aber erst 1820 in Wien. Das offizielle Geburtsdatum fällt mit der Heirat ihrer Mutter zusammen, da uneheliche Kinder damals ein Tabuthema waren. Němcová hatte Gelegenheit eine grundlegende Schulbildung zu erwerben, neben Tschechisch sprach sie sehr gut Deutsch.

1837 heiratete sie, nicht ganz freiwillig, Josef Němec. Er war ein Finanzbeamter, der Němcová mit seinem Nationalbewusstsein prägte, während es ihm aber an Arbeitseifer fehlte und die Familie daher immer finanziell klamm war. In dieser Zeit waren nationale Bestrebungen von Seiten der Tschechen von der Habsburger Monarchie mehr als unerwünscht, was immer wieder zu Spannungen führte.

Zwischen 1838 und 1842 kamen drei Söhne und eine Tochter zur Welt. Die Familie wechselte oft den Wohnort, Grund war die mehrfache Versetzung von Josef Němec. Ab 1842 lebte die Familie in Prag und dort machte Němcová erste Bekanntschaften mit Mitgliedern der tschechischen Nationalbewegung, die sie weiter in ihrem Nationalbewusstsein bestärkten. Sie nahm den tschechischen Vornamen Božena an und begann intensiv zu schreiben, zuerst Märchen und Gedichte, die oft ihre nationale Gesinnung unterstrichen.

Einen Umzug nach Ungarn, wohin ihr Mann 1850 versetzt wurde, lehnte sie kategorisch ab und blieb mit ihren Kindern in Tschechien. Němcová bestand darauf, dass die Kinder tschechische Schulen besuchten.

Im Laufe der Jahre schrieb Němcová viel, sammelte auf Reisen Geschichten und Märchen, auch aus der Slowakei und Ungarn.

Die letzten Lebensjahre verbrachte Němcová verarmt und meist einsam. 1862 erkrankte sie schwer und verstarb am 21. Januar in Prag, wo sie auch beerdigt wurde.

Das bekannteste Werk Němcovás ist unumstritten der Roman Babička (Die Großmutter), der 1855 erschien. Es gilt als DER tschechische Roman, ist in etlichen Auflagen erschienen und auch verfilmt. Man erkennt Ähnlichkeiten der Figuren mit realen Personen, darunter die Autorin selbst.

Die Großmutter, die die Hauptfigur im Roman ist, zieht zu ihrer Tochter und kümmert sich um ihre Enkel. Sie wird eine wichtige Bezugsperson für die Kinder, erzählt ihnen von früher und lehrt sie demütig zu sein. Auch das Nationalbewusstsein der Autorin merkt man an vielen Stellen im Buch. Die Handlung ist wenig spannend, aber jedes Wort ist mit Bedacht geschrieben. Die Beschreibungen der Landschaft, der Häuser und Personen ist detailreich und ganz im Sinne der damaligen Zeit.

Vor allem die tschechische Sprache hat durch das Werk an Bedeutung für die Tschechen gewonnen. Der Roman gehört noch heute zur Pflichtlektüre tschechischer Schüler*innen.

In Deutschland ist Babička nur wenigen bekannt. Dafür aber kennt hier man ein Märchen aus Němcovás Sammlung umso besser: Drei Haselnüsse für Aschenbrödel! Die Verfilmung des Märchens von 1973 erfreut sich in Deutschland großer Beliebtheit, man könnte fast sagen es hat Kultstatus. Obwohl die Geschichte nichts mit Weihnachten zu tun hat, läuft es zu dieser Zeit auf allen Sendern.

Auch andere Märchen aus Němcovás Feder sind in den 1970er und 1980er Jahren in Tschechien verfilmt worden. Viele zeigen Parallelen zu deutschen Märchen von den Gebrüdern Grimm, aber auch typisch slawische Einflüsse lassen sich erkennen.

Božena Němcová führte ein, für ihre Zeit, ein ungewöhnliches Leben. Sie strebte nach Unabhängigkeit, schrieb, wie ihr der Sinn stand, und vertrat moderne Ansichten, die sich viele Frauen damals nicht trauten auszusprechen. Dass sie dabei nicht unbedingt auf Zustimmung und Unterstützung hoffen konnte, hielt sie nicht ab.

Auch wenn ihr literarisches Werk durch ihren frühen Tod überschaubar blieb, liegt doch in allen Geschichten ein tieferer Sinn, der mit viel Liebe zur tschechischen Sprache und den Tschechen gespickt ist.

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