Neben den Sprachen Polnisch und Kaschubisch gehören zum lechischen Sprachzweig der westslawischen Sprachfamilie noch einige kleine, heute ausgestorbenen Sprachen an. Eine davon ist das Polabische, das etwa Mitte des 18. Jahrhunderts ausgestorben ist.
Polabisch war die Sprache einiger slawischer Stämmen, die ab dem 7. Jahrhundert im Nordosten des von verschiedenen Slawen besiedelten Gebietes im heutigen Deutschland und teilweise im Nordwesten Polens lebten. Ihr Siedlungsgebiet erstreckte sich von westlich der unteren Elbe bis ins Mecklenburgische und Holsteinische Land. Im Süden grenzte der polabische Einflussbereich an das Sorbengebiet. Das kulturelle Zentrum der Polaben lag erst in Hammer, später in Ratzeburg.
Der slawische Name Polaben setzt sich aus der slawischen Vorsilbe po- (‚an‘) und Laba (‚Elbe‘), also „an der Elbe“ zusammen, was das Gebiet, in dem sie lebten, beschreibt. Ein anderer, häufig verwendeter Begriff ist ‚elbslawisch‘.
Aufzeichnungen des Polabischen sind kaum vorhanden. Das hat zwei Gründe: Erstens verfügt das Polabische über keine eigene Schriftsprache und zweitens hat man erst kurz vor dem Aussterben der Sprache versucht die Sprache zu erforschen und zu dokumentieren. Daher sind genaue Rekonstruktionen nur unter Vorbehalt möglich.
Johann Parum Schultze (wahrscheinlich 1677-1740) verfasste eine auf Deutsch geschriebene Dorfchronik, die viele Wörter und Redewendungen der polabischen Sprache enthält. Einige Angaben in der Chronik sind allerdings nicht stichhaltig.
Christian Hennig von Jessen (1649-1719) sammelte zahlreiche Lexeme und einige Lieder in polabischer Sprache.
Einige andere Schriften, die teilweise Abschriften der vorherigen Texte sind, wurden mit polabischem Wortschatz angereichert, oftmals sind dialektale Varianten dokumentiert. Es gibt aber leider nicht ein Werk, dass komplett in Polabisch verfasst ist und damit genug Material für Analysen aller wichtigen Bereiche wie Satzbau etc. liefert.
Aus den wenigen Quellen haben die Forscher aber trotz allem zahlreiche Merkmale des Polabischen isolieren bzw. definieren können. Durch die geografische Nähe zur deutschen Sprache und zu slawischen Sprachen bilden sich interessante Kontraste.
Phonologisch wären das z.B. die Entwicklung von Diphtongen, die im Deutschen typisch, im Slawischen aber kaum bekannt sind. Außerdem sieht man häufig eine Lautverschiebung von ‚a‘ zu ‚o‘ (z.B. wogard- Garten‘, polnisch ‚ogród‘, russisch ‚огород (ogorod)‘).
Im morphologischen Bereich hat man interessanterweise einen Erhalt der Dualformen entdeckt, der heute nur noch in den beiden sorbischen Sprachen und im Slowenischen zu sehen ist. Außerdem zeigt das Polabische eine analytische Futurbildung, das sich in der deutschen Sprache erst um 1350 gebildet hat.
Der Wortschatz zeigt sehr große Einflüsse aus dem Deutschen, fast ein Fünftel der bekannten Wörter weisen Entlehnungsverwandtschaft mit dem Deutschen auf. Das zeigt wie eng die Existenz der beiden Sprachen war, zumindest zum Ende hin. Leider sind die überlieferten Daten zu wenig, um detaillierte Aussagen treffen zu können.
Das gleiche Problem betrifft die Syntax, also die Stellung der Satzglieder im Satz. Historisch bedingt kennt man zwar einige Gebete und Lieder, aber kaum aufgeschriebene Alltagssituationen oder Rezepte etc. Es scheint, dass es im Polabischen eine Verwendung der Artikel ähnlich wie im Deutschen gab, genauso wie die Perfektbildung mit Hilfsverben (z.B. Ich habe gesagt, …). Ohne weitere Daten lässt sich aber über die alltägliche Sprache nur spekulieren. Auch die Frage, inwieweit die scheinbare Ähnlichkeit bzw. die Assimilation ans Deutsche historisch einzuordnen ist, bleibt unbeantwortet.
Von Interesse sind die polabische Sprache und Kultur für die Forschung in Deutschland dennoch. Die polabisch-sprechenden Stämme sind Teil der Kulturlandschaft Nordostdeutschlands. Und schließlich kann man nicht sagen ob nicht doch irgendwann mehr Schriftstücke auftauchen. Bis dahin lassen sich nur Theorien diskutieren!!