Der slawische Gott Radegast hat viele Namen, je nachdem wo man sich befindet: Svarožić oder Dažbog im ost- und südslawischen Raum, bei den Elb- und Ostseeslawen Radegast, Radogast oder Redigast.
Die Herkunft des Namens Svarožić wird meist als ‚Sohn des Svarog‘ umschrieben, eine mögliche Verwandtschaft mit dem indoeuropäischen Wort swar mit der Bedeutung ‚Sonne‘ oder ‚Schein‘ passt zu seiner Funktion als Sonnengott. Der von den Elb- und Ostseeslawen verwendete Name ‚Radegast‘ stammt am ehesten von der Siedlung ‚Radegast‘ der Redaren, ist also keine Abwandlung von Svarožić. Seine Funktion wandelte sich im Laufe der Zeit; zuerst als Gott des Feuers und des Lichtes angebetet, verehrten die Elb- und Ostseeslawen Radegast eher als Kriegsgott, meist mit Schild und Lanze bewaffnet dargestellt.
Im 11. Jahrhundert wird ein Tempel, der dem Gott Radegast geweiht sein soll, von den Chronisten Adam von Bremen und Thietmar von Merseburg erwähnt. Dieser Tempel lag wohl auf einer Insel, die durch eine Brücke mit dem Festland verbunden war und von den dort lebenden Menschen auch für andere Gottheiten genutzt wurde. Als Holzbau mit Tierhörnern verziert, beherbergte der Tempel zahlreiche Skulpturen slawischer Götter. Die Slawen brachten den Göttern Opfer wie Lebensmittel, Tiere etc., manche Quellen sprechen auch von Menschenopfern. Zwei wichtige Attribute des Kriegsgottes sind das Pferd und der Eber, ersteres als Zugtier des Sonnenwagens und Orakeltier für Kriegsfragen, letzteres ebenfalls als Orakeltier.
Die Verehrung von Tieren und Himmelskörpern wie der Sonne ist elementar in der slawischen Mythologie. Die Menschen waren abhängig vom Kreislauf der Natur, Opfer zu Ehren der vielen Götter eine normale Sache. Die Verehrung der Sonne und des Feuers auf Erden, dessen Beherrschung das Überleben sicherte, galt als zentrales Ritual.
Schlechte Ernten aufgrund des Wetters wurde meist auf den Zorn der Götter zurückgeführt. Kriegerische Auseinandersetzungen wurden nach Befragung des Orakels begonnen. Eine typische Methode war das Führen eines Pferdes über zwei gekreuzte Lanzen durch einen Priester. Je nachdem mit welchem Bein das Pferd zuerst über das Kreuz stieg, sagte es Erfolg oder Misserfolg des Krieges voraus. Die Wahl der Lanzen bezeugt den Einfluss des Kriegsgottes Radegast.
Es ist nicht geklärt, ob es außer dem Tempel in Radegast noch andere gab. Die slawischen Stämme lebten eher verstreut, daher liegt die Vermutung nahe. Sicher ist, dass auf Rügen ein weiteres religiöses Zentrum der Slawen war, am Kap Arkona. Heute ist die Tempelanlage verschwunden. Die Verehrung Radegast fand sicherlich auch dort statt, obwohl im Laufe der Zeit seine Dominanz abnahm und Svantovit, ein anderer Gott der Slawen, die Rolle des Kriegsgottes übernahm.
Ein weiteres Indiz für die Verehrung von Radegast über die nordostdeutsche Region hinaus, ist der Berg Radhošť in dem tschechischen Teil der Beskiden. Radhošť ist der tschechsiche Name für Radegast.
Schriftlichen Quellen aus der Zeit vor der Christianisierung der Slawen sind leider nicht vorhanden, so dass die allermeisten Beschreibungen von Gottheiten, Riten und der Lebensweise der Slawen von Chronisten mit christlicher Weltanschauung geschrieben wurden, was nicht immer zu 100% authentisch gewesen sein wird.
Mit der Christianisierung der Slawen ging der Einfluss der Gottheiten zurück, doch in jüngerer Zeit kehren immer mehr Menschen zu ihren Ursprüngen zurück und verehren die alten Götter, pflegen Traditionen und heidnische Feste.
Quellen
Zdeněk, Váňa. Mythologie und Götterwelt der slawischen Völker. Urachhaus, Stuttgart 1992
Grimal, Pierre (Hrgs.). Mythen der Völker 3. Fischer, Frankfurt am Main: Fischer 1967