Altpreußisch – die Sprache der Prußen

Der Begriff ‚preußisch‘ ist im historischen Kontext eng mit der deutschen Geschichte verwoben. Wir denken sofort an den alten Fritz oder an die Region Ostpreußen. Doch die Herkunft des Wortes ist das Baltikum und bezeichnete ursprünglich einen baltischen Volksstamm: die Prußen. Sie lebten an der Ostsee zwischen den Mündungen von Memel und Weichsel und sprachen Altpreußisch (auch Prußisch oder Preußisch genannt). Die Eigenbezeichnung der Prußen für ihre Sprache ist ‚prūsiska‘.

Altpreußisch ist eine am Ende des 17. Jahrhundert ausgestorbene Sprache der baltischen Sprachfamilie, der auch Litauisch und Lettisch angehören. Es gibt noch Reste der Sprache in Dialekten des Masurischen und im Litauischen. Das Sterben der Sprache war u.a. eine Folge der Christianisierung durch den Deutschen Orden und die Vermischung mit anderssprachigen Siedlern.

Die Quellen des Altpreußischen sind überschaubar, bieten aber die Möglichkeit die Sprache zu strukturieren, wenn auch mit Einschränkungen. Erhalten sind drei verschiedene Übersetzungen des Katechismus, ein paar kurze Texte, zwei kleine, leider unvollständige, Wörterbücher und überlieferte Namen in z.B. lateinischen oder deutschen Schriften. Das Altpreußische besaß vor der Christianisierung keine Schrift bzw. erfolgte die Verschriftlichung erst im 16. Jahrhundert, wo der Niedergang der Sprache schon weit fortgeschritten war.

Die Chronisten des Altpreußischen sprachen die Sprache zumeist selber nur unzureichend und die Schreibung orientiert sich stark an der deutschen, was v.a. lautlich ein Problem darstellt, da viele Laute baltischer Sprachen im Deutschen nicht existieren. Bei der Rekonstruktion des Altpreußischen nutzt man nicht nur die Quellen, sondern auch Vergleiche zu anderen baltischen Sprachen. Alle Rekonstruktionen sind immer unter Vorbehalt.

Das Altpreußische verfügte über je vier lange und kurze Vokale und drei bzw. vier Diphthonge. Im Lautsystem zeigen sich viele Parallelen zum Litauischen, aber auch archaischere Eigenschaften, die noch aus dem Indoeuropäischen stammen und keine Veränderungen durchlaufen haben z.B. der Diphthong /e͡i/ (nicht zu verwechseln mit der späteren Diphthongierung des Frühneuhochdeutschen).

Ebenfalls bewahrt hat sich das Neutrum als Genus und die indoeuropäischen Stammklassen, deren Paradigmen leider nur teilweise belegt werden konnten. Auch einige Dualreste sind zu finden, ähnlich wie es auch in den meisten slawischen Sprachen üblich ist bei paarweisen Dingen wie Händen oder Ohren. Man vermutet sechs Kasus, aber nicht alle können durch die Quellen belegt werden.

Die Verbkonjugation ist nur lückenhaft, es zeigen sich synthetische wie auch analytische Formen z.B. ‚postāsei‘  – ‚du wirst‘ und ‚pergubus wīrst‘ – ‚kommen wird‘, ähnlich wie wir das im Deutschen kennen. Außerdem sind Teile von vier Modi belegt: Indikativ, Imperativ, Optativ, Konditional.

Aus den Quellen lassen sich zwei Dialekte des Altpeußischen erkennen: das Pomesanische und das Samländische. Mit Sicherheit gab es noch mehr Dialekte, aber es fehlen die Quellen.

Anhand der Wörterbücher sind große Teile des Wortschatzes überliefert. Besondere Gewichtung haben Begriffe für Pferde und dazu passendes Vokabular. Das zeigt die Wichtigkeit von Pferden im Leben der Prußen. Die Prußen lebten laut Schriften von Missionaren von der Fischerei und Jagd, was den reichen Wortschatz in diesen Bereichen erklärt. Das heißt jedoch nicht, dass der Wortschatz auf diese Thematik begrenzt ist.

In den letzten Jahrzehnten versuchten Fans des Altpreußischen die Sprache wiederzubeleben, das sogenannte Neupreußisch. Es wird weniger als Alltagssprache verwendet, eher in Liedern oder Gedichten, und ist kaum wissenschaftlich fundiert.

Quelle

Eckert, Rainer & Bukevičiūtė Elvira-Julia & Hinze, Friedhelm. Die Baltischen Sprachen: Eine Einführung. Langenscheidt, Leipzig 1994

Eckert, Rainer. Altpreußisch. In: Miloš Okuka, Gerald Krenn (Hrsg.): Lexikon der Sprachen des europäischen Ostens. Wieser Verlag, Klagenfurt/Celovec 2002

Szillis-Kappelhoff, Beate. Prußen – Die ersten Preußen. Geschichte und Kultur eines untergegangenen Volkes. Verlag Bublies, Schnellbach 2012

Bildquelle

Von Original: MapMaster Vektor: NNW – Eigenes Werk, basierend auf: Baltic Tribes c 1200.svg von MapMaster, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=124250247

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