Kleine Geschichte der Übersetzung

Menschen sprechen seit jeher unterschiedliche Sprachen, aber nicht jeder Mensch kann sich mit jedem verständigen. Doch die Menschen wollen und müssen kommunizieren. Die Vielfalt der Sprachen machte die Entstehung einer Tätigkeit nötig, die fast so alt ist wie die Menschheit selbst: Das Übersetzen.

Mehrsprachige Personen gab es immer und sie nutzten ihre Fähigkeiten. Wer kennt nicht die Sprachkundigen aus Büchern und Filmen, die mit Fürsten und Händlern auf Reisen sind, um zu übersetzen. Daraus wuchs die noch heute tätige Berufsgruppe der Dolmetscher*innen und Übersetzer*innen.

Besonders in Europa der späten Neuzeit sind diese Berufe gefragt, denn hier war die Einsprachigkeit vieler Menschen ein politisches Ziel der sich bildenden Staaten. In den meisten Teilen der Welt ist Mehrsprachigkeit die Regel und die Menschen brauchen weniger Übersetzungshilfen.

Die Anfänge des Übersetzens liegen wie gesagt weit zurück. Schon die Römer und andere antike Mächte nutzten Reiserouten in ferne Länder, immer Sprachkundige mit „im Gepäck“. Auch literarische Werke wurden von den Römern aus anderen Sprachen wie dem Griechischen ins Lateinische übersetzt. Und schon damals kämpften die Übersetzer mit der Frage wie sich ein Text am besten übersetzen lässt.

Der Machthunger Europas, vor allem der Seefahrernationen wie England oder Spanien, ließ Entdecker über alle Weltmeere segeln und neue Orte in Besitz nehmen. Einen Handelspunkt oder Hafen in den Gebieten zu etablieren, bedeutet immer mit der indigenen Bevölkerung (zumindest zuerst) zusammenzuarbeiten, was durch Sprachbarrieren erschwert wurde. Doch schnell lernten einige die Sprache der anderen, um darüber hinwegzuhelfen.

Zuerst wurde mündlich übersetzt, aber schon bald mussten Verträge, Handelslisten etc. übersetzt werden. Der Buchdruck im 15. Jahrhundert und die bessere Verfügbarkeit von Lesestoff verursachte eine Übersetzungswelle religiöser und weltlicher Texte, die bis heute anhält.

Doch was macht das Übersetzen aus? Übersetzen war und ist eine Kunst, nicht nur eine mechanische Umwandlung von einer Sprache in die andere. Jeder, der schon mal ein Gedicht, Text oder irgendwas übersetzt hat, kann sich daran erinnern. Beim Übersetzen ist das Ziel entweder den Inhalt oder die Form möglichst authentisch wiederzugeben. Beides zusammen ist meist unmöglich. Man muss sich also genau überlegen, wie man vorgeht.

Die bekannteste Übersetzung in Deutschland ist wahrscheinlich die Luther-Bibel. Martin Luther hat die Bibel aus dem Hebräischen, Aramäischen und Griechischen ins Deutsche übersetzt, wobei ihm aufgefallen ist, dass die Ausgangswerke nicht gleich sind und er bei den Abweichungen immer einem Kompromiss für seine Version finden muss. Gerade bei religiösen Texten war beim Übersetzen Vorsicht geboten. Nicht nur, dass die Kirche ihr Wissensmonopol behalten wollte, sondern auch peinlich darauf achtete, dass jegliche Interpretation der Bibel zu unterbleiben hatte.

Weltliche Texte waren „ungefährlicher“ zu übersetzten und waren stark nachgefragt. In der Neuzeit kam auch die Unterhaltungsliteratur in Mode, die sich oft über Ländergrenzen ausbreitete. Die Arbeit der Übersetzter*innen geschieht heute meist im Verborgenen. Kaum jemand realisiert, wieviel Arbeit in jeder übersetzten Zeile steckt. Und auch dass das übersetzte Werk zu einem kleinen Teil auch das persönliche Werk des Übersetzers ist. Außerdem hat auch die Sprache, in die das Werk übersetzt wird, Einfluss auf den Inhalt. Wie übersetzt man beispielsweise ein Wort, dass es in der Zielsprache nicht gibt?

Wie man richtig übersetzt, dazu haben sich viele kluge Köpfe den Kopf zerbrochen. Im deutschsprachigen Raum haben sich u.a. Literaturtheoretiker wie Johann Christoph Gottsched (1700–1765) oder Philosophen wie Johann Gottfried Herder (1744–1803) damit beschäftigt.

Quellen

Snell-Hornby, Mary & Jürgen F. Schopp. Übersetzung. In: Europäische Geschichte online

Koller, Werner & Kjetil Berg Henjum. Einführung in die Übersetzungswissenschaft. Narr Francke Attempto Verlag, Tübingen 2020

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