Kinder in Deutschland wachsen bis heute mit klassischen Märchen wie ‚Hänsel und Gretel‘ oder ‚Der Froschkönig‘ auf, die seit zweihundert Jahren zu einer schönen Vorlesezeit gehören. Mein Lieblingsmärchen ‚Tischlein, deck dich‘ gehört auch in diese Sammlung, die zwei der bekanntesten Deutschen gesammelt haben: Wilhelm und Jacob Grimm.
Jacob wurde 1785 und Wilhelm 1786 geboren und wuchsen mit vielen Geschwistern in Hanau auf. 1798 schickte die Mutter sie nach Kassel, um dort das Gymnasium zu besuchen. Nach dem Abschluss begannen beide ein Studium der Rechtswissenschaften in Marburg, wo sie sich in ihrer freien Zeit besonders der deutschen Literatur widmeten, aber auch ihre Lektüre auf andere europäische Literaturen ausdehnten.
Nach ihrem Studienabschluss (aber wahrscheinlich schon während des Studium) begannen sie ihre umfangreiche Sammlung deutscher Märchen und Sagen, die sie sich von den einfachen und gebildeten Leuten erzählen ließen, viele davon Hugenotten. Diese Geschichten wurden traditionell nur mündlich weitergegeben, Aufzeichnungen gab es vereinzelt. Doch die Grimms machten es sich zur Aufgabe sie aufzuschreiben und somit für uns zu bewahren.
Nach dem Tod der Mutter 1808 mussten die Brüder für die jüngeren Geschwister sorgen und kehrten erst ein paar Jahre später nach Kassel zurück. Ab 1811 veröffentlichten sie erste Bücher und arbeiteten weiter zusammen bis 1812 die ‚Kinder- und Hausmärchen‘ erschien, was sich leider nicht gut verkaufte. Auch die Folgewerke zu Themen wie der Edda und deutschen Fabeln waren keine Erfolge. Trotzdem arbeiteten beide weiter an den Märchen und gaben 1815 einen zweiten Band der Kinder- und Hausmärchen heraus. Das wuchtige Werk wurde bis 1825 verschlankt, was der Popularität der Märchen Aufschwung gab, neben den Illustrationen, die der jüngere Bruder Ludwig anfertigte. Die Verkaufszahlen stiegen stetig an, mehrmals mussten neue Auflagen gedruckt werden.
‚Nebenbei‘ widmeten sie sich auch der Sprachwissenschaft, schufen Werke zur Sprachgeschichte des Deutschen und veröffentlichten in Fachzeitschriften. Die beiden Brüder konnten von ihrer Arbeit als Sammler von Geschichten zwar leben, waren aber trotzdem auf die Unterstützung von Wichtigen Persönlichkeiten angewiesen. Eine von ihnen war z.B. die Kurfürstin Wilhelmine Karoline von Hessen.
Die jüngeren Geschwister gingen ihrer Wege, Jakob und Wilhelm lebten aber weiterhin zusammen. Sie schufen u.a. das linguistischen Werk die ‚Deutsche Grammatik‘, die sich aber generell mit allen germanischen Sprachen, ihren Sprachverwandtschaften, Lautentwicklungen usw. beschäftigt und auch die Verbindung germanischer Sprachen zu anderen indoeuropäischen Sprachen herstellt.
1825 heiratete Wilhelm Dorothea Wild und ab da bildeten sie eine Dreiergruppe, zu der nach und nach noch Kinder von Wilhelm und Dorothea kamen. Ein Umzug nach Göttingen stand bevor, wo erst Jacob 1830 und ab 1835 als Professoren tätig waren. Gemeinsam begannen sie 1838 ihr umfangreichstes Projekt: das Deutsche Wörterbuch. 1840 holte sie der preußische König Friedrich Wilhelm IV. nach Berlin, wo sie bis zu ihrem Tod 1859 bzw. 1863 lebten. Die Brüder fanden ihre letzte Ruhe in Berlin-Schöneberg.
Der Nachlass von beiden zeigt, wie vielseitig beide Brüder interessiert waren. Sie schrieben zu politischen Themen und Jacob war 1848 kurzzeitig Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung. In jeder deutschen Stadt sind Plätze, Straßen usw. nach den Grimms benannt. Jeder, der sich mit der deutschen Sprache und Literatur beschäftigt, stolpert über kurz oder lang über Märchen und sprachwissenschaftliche Abhandlungen von einem der Brüder. Die Stadt Kassel verwahrt den geistigen Nachlass der beiden.
Quellen
Bär, Jochen (Hrsg.). Die Brüder Grimm. Pioniere der deutschen Sprachkultur des 21. Jahrhunderts. Brockhaus, Gütersloh 2013.
Martus, Steffen. Die Brüder Grimm. Eine Biographie. Rowohlt-Verlag, Berlin 2009