Beowulf

Die Kultur eines Landes oder einer Region definiert sich oft über ihre Literatur. In England ist ein Werk dabei besonders beliebt: das Heldenepos ‚Beowulf‘.

Das Beowulf-Epos stammt wahrscheinlich aus dem 8. Jahrhundert und umfasst über dreitausend Verse, geschrieben in Stabreimen. Es ist eins der wenigen überlieferten Schriften aus dieser Zeit in angelsächsischer Sprache. Es wird angenommen, dass die Sprache des Epos einen Dialekt aus dem Königreich Mercia entspricht.

Die einzig verbliebene Originalhandschrift wird London aufbewahrt. Anhand der Schrift kann man von zwei unterschiedlichen Schreibern dieses letzten Stückes ausgehen. Es existieren einige Abschriften jüngeren Datums, da das Originaldokument zu wertvoll und fragil ist, um an ihm zu forschen. Ursprünglich hatte das Epos auch keinen Titel, was zu damaliger Zeit so üblich war.

In Beowulf mischen sich fiktive mit historischen Figuren, was die Altersbestimmung des Epos zeitlich und auch geografisch begrenzt. Der Protagonist ist Beowulf, der dem germanischen Volk der Gauten (es ist unklar, ob es ein eigenes Volk war oder damit die Goten oder Jüten gemeint sind) angehört. Die geografischen Gegebenheiten weisen auf Schweden und Dänemark als Handlungsort hin.

Im ersten Teil des Gedichtes kommt Beowulf mit seinen Gefolgsleuten König Hrothar zu Hilfe, weil er und sein Volk immer wieder von einem Ungeheuer namens Grendel angegriffen werden. Das Ungeheuer kommt in die große Halle und tötet die dort feiernden Menschen. Scheinbar können die Schwerter der Krieger Grendel nichts anhaben. Der Held Beowulf reißt ihm einen Arm aus und Grendel flieht schwer verwundet. Seine auf Rache sinnende Mutter kommt daraufhin in die Halle und tötet einige Krieger, bevor sie in ihre Höhle unter einem See flieht. Dorthin folgen ihr Beowulf und sein Gefolge, doch nur er taucht in den See hinab, wo ein blutiger Kampf entbrennt. Mit seinem eigenen Schwert kann er Grendels Mutter nicht verwunden, also nimmt er ein magisches Schwert aus dem Schatz der Mutter und schlägt ihr den Kopf ab. Als er dann auch noch den verwundeten Grendel findet, tötet er ihn ebenfalls mit diesem Schwert.

Der zweite Teil spielt etliche Jahre später als Beowulf, nun als König der Gauten, gegen einen Drachen kämpft. Dieser Drache terrorisiert das Land, weil jemand etwas aus seinem Schatz gestohlen hat. Beowulf macht sich auf den Drachen zu töten, wird aber in der Höhle von diesem überrascht und angegriffen. Er erleidet dabei schwere Verletzungen, schafft es aber mit seinem treuen Gefolgsmann Wiglaf den Drachen zu töten. Kurzdarauf stirb Beowulf an den Verletzungen des Kampfes. Den Schatz wird zusammen mit Beowulf in einem Grabhügel vergraben.

In dem Epos spielgelt sich der klassische Kampf Gut vs. Böse wider, wobei nicht nur das Können des Helden sondern auch das Schicksal einen große Rolle spielt. Es treten Figuren der nordischen Mythologie auf, während die Menschen schon ein christlich geprägtes Leben führen. Die Eigenschaften Beowulfs wie Tapferkeit, Mut und Ehre zeigen ein aus anderen Sagen und Legenden übliches gesellschaftliches Bild eines Mannes.

Viele Literaturgelehrte und Autoren ließen sich von dieser Geschichte inspirieren und schufen ähnliche Werke wie z.B. ‚Der Hobbit‘ von J.R.R. Tolkien. Doch auch schon im Mittelalter selbst, kamen ähnliche Heldengeschichten wie das Nibelungenlied, dessen Ähnlichkeit sich kaum abstreiten lässt, in Umlauf und erfreuen sich bis heute großer Beliebtheit.

Das Motiv des Drachen ist schon um einiges älter als Beowulf oder das Nibelungenlied, doch die Faszination für mythische Wesen bleibt über die Zeit hinweg erhalten.  

Quellen

Frey, Johannes. Beowulf. Das angelsächsische Heldenlied. Reclam, Stuttgart 2013

Millet, Victor. Germanische Heldendichtung im Mittelalter. Walter de Gruyter, Berlin 2008

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