Obwohl er nicht nur schrieb, sondern auch viel zeichnete und malte, gilt Bruno Schulz in Polen vor allem als herausragender Schriftsteller der ersten Hälfte der 20. Jahrhunderts.
Bruno Schulz wird am 12. Juli 1892 in Drohobycz, Ostgalizien (damals zu Österreich-Ungarn gehörend, heute Ukraine) in eine jüdische Familie hineingeboren. Die Familie führte ein kleines Geschäft, aber die finanzielle Lage war schwierig.
Schulz‘ Talent fürs Zeichnen und Schreiben fiel schon in der Schulzeit auf. 1910 begann er ein Architekturstudium in Lemberg, musste es aber aufgrund finanzieller und gesundheitlicher Probleme abbrechen. Die Wirren des ersten Weltkrieges und der Tod des Vaters beeinflussten Schulz‘ weiteres Leben. Nach dem Krieg kehrte er in seine Heimatstadt zurück und beschäftigte sich intensiv mit Malerei und Kunst. Nebenbei arbeitete als Zeichenlehrer, um den Lebensunterhalt für seine Familie zu sichern. Zufrieden war er mit der Arbeit als Lehrer jedoch nicht. Mit dem Schriftsteller Stanislaw Ignacy Witkiewicz verband ihn eine enge Freundschaft, er bestärkte Schulz weiterzuschreiben.
Schulz schrieb und zeichnete viel, aber erst 1934 wurde sein Debütwerk „Sklepy cynamonowe“ (dt. „Die Zimtläden“) veröffentlicht. Damit wurde er auf polnischsprachigem Gebiet bekannt. 1937 folgte die Veröffentlichung von „Sanatorium pod Klepsydrą“ (dt. „Das Sanatorium zur Sanduhr“). Eine Reise nach Paris 1938 verlief leider nicht sehr erfolgreich. Schulz‘ Vorhaben, seine Zeichnungen in Frankreich bekannt zu machen, scheiterte und er kehrte nach Drohobycz zurück.
Im Gegensatz zu seinen Zeichnungen erntete er für seine Literaturwerke viel Bewunderung und die Polnische Akademie für Literatur zeichnete ihn mit dem „Goldenen Lorbeerblatt“ aus.
Ab 1939 änderten sich Schulz‘ Lebensumstände grundlegend. Der Einmarsch der Roten Armee, durch den Hitler-Stalin-Pakt wurde der Ostteil Polens von den Sowjets besetzt, musste er sich mit den neuen Machthabern arrangieren und malte für sie vor allem Propagandabilder. Mit dem Überfall der Deutschen auf die Sowjetunion 1941 verschlechterte sich die Lage für Bruno Schulz erheblich. Als Jude war er gezwungen in den Ghettobezirk von Drohobycz umzuziehen.
In dem SS-Hauptscharführer Felix Landau hat Bruno Schulz einen Auftraggeber, der ihm ein gewissen Schutz bot, solange er für ihn arbeitete. Die anderen Juden aus dem Ghetto von Drohobycz wurden, wie die meisten Juden in anderen Ghettos, systematisch deportiert. In der Zeit bis zu seinem Tod gestaltete Bruns Schulz zahlreiche Wandmalereien für Landaus Privathaus und offizielle Parteigebäude.
Die Umstände von Schulz‘ Tod sind nicht komplett geklärt. Am 19. November 1942 („Blutiger Donnerstag von Drohobycz“) wurde er von dem SS-Offizier Karl Günther im Ghetto erschossen. Es soll sich um eine Racheaktion des SS-Offiziers gehandelt haben: Felix Landau habe einen „seiner“ Juden erschossen, also macht er es jetzt genauso.
Nach Kriegsende wurden die Werke Schulz‘ lange Zeit, wieder wegen seiner jüdischen Herkunft, nicht gedruckt. Erst 1956 erschien seine Texte, die nach und nach in viele Sprachen übersetzt und publiziert wurden.
Der frühe und tragische Tod Bruno Schulz‘ lässt der Märtyrerstatus des Künstlers in Polen bis heute lebendig bleiben. Seine Werke gehören zu den meistgelesenen der polnischen Moderne. In Deutschland erschienen die ersten Übersetzungen in den 1960er Jahren, auch die grafischen Werke wurden veröffentlicht.
Über die Bedeutung Schulz‘ Literatur gibt es ganz unterschiedliche Meinungen. Einige Kritiker ziehen starke Parallelen zu Kafka und beschreiben Schulz‘ Literatur als schwierig. Durch seine jüdische Herkunft lehnten viele sein Schaffen als jüdisch oder entartet ab. Als einer der wenigen Künstler zeigt Schulz kaum politisches Interesse bzw. baut es nicht in seine Schriften ein. Ob es eher ein Selbstschutz war, denn er war als Jude, nicht nur zur Zeit der Besetzung durch die Deutschen, Diskriminierung ausgesetzt, oder einfach, weil es ihn wenig interessierte. Es wird nicht mehr feststellbar sein.
Schulz‘ Texte zeigen viel vom Leben in Ostgalizien, das heute nicht mehr als solches existiert. Die Mischung aus Polen und Juden, die in seiner Kindheit und Jugendzeit in Ostgalizien herrschte, musste nach dem 2. Weltkrieg einer neuen Staatenordnung weichen.
Man kann diese Zerrissenheit der Gegend, die ständig wechselnder Herrscher wie Österreich, Russland/Sowjetunion, in den Texten erlesen. Schulz bleibt immer innerhalb seiner Welt, nimmt sie genau unter die Lupe und gibt Einblicke in die Vergangenheit von Ostgalizien.
Seine Zeichnungen wirken düster, einschüchternd, geben aber wiederum die Sicht auf die damalige Welt frei. Die Welt, in der er lebte und wirkte. Eine Welt, die wir nur noch als Geschichte kennen.
Quellen
Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 11, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1999
Roman Lach, Thomas Markwart: Geisterlandschaft Galizien. Karl Emil Franzos, Leopold von Sacher-Masoch, Joseph Roth, Alfred Döblin, Bruno Schulz.
Lesenswerter Artikel. Bin schon gespannt, was nächste Woche erscheint.