Joseph Greenberg – der Universalienlinguist

Manche bezeichnen ihn als einflussreichsten Linguisten, neben Chomsky, des 20. Jahrhunderts. Er entwickelte die heute noch gültigen Sprachuniversalien, die Sprachen in Beziehung zueinander setzen.

Greenberg wurde am 28. Mai 1915 in New York geboren in eine multilinguale Familie hineingeboren. Als Kind war die Musik seine große Leidenschaft, er spielte ausgezeichnet Klavier, gab sogar viel gelobte Konzerte. Seine Eltern sprachen Polnisch, Deutsch und Jiddisch. So verwundert es nicht, dass Greenberg sich, trotz seiner Leidenschaft für Musik, doch für eine sprachwissenschaftliche Laufbahn entschied. Schon als Student an der Columbia University (New York) interessierte er sich für Sprachen aller Art, vor allem für die der indigenen Einwohner Amerikas. Später wechselte er an die Northwestern University in Chicago, wo er seinen Interessensschwerpunkt auf die nigerianischen Sprachen, vor allem auf Hausa, einer Sprache West-Zentral-Afrikas.

Der zweite Weltkrieg unterbrach Greenbergs Studien. Sein Studium qualifizierte ihn zum Analysten bei der Fernmeldetruppe. Nach dem Krieg arbeitete er als Professor an der University of Minnesota, kehrte aber schon 1948 an die Columbia University zurück und beschäftigte sich intensiv seiner linguistischen Forschung mit dem Schwerpunkt auf afrikanische Sprachen. In New York lernte er Roman Jakobson und André Martinet kennen. Die beiden brachten ihn die Prager Schule der Strukturalisten nahe, die sein weiteres Arbeiten beeinflusst hat. 1962 wechselte Greenberg in die Anthropologie-Abteilung der Stanford University (Kalifornien) und blieb dort bis zu seinem Tod. Er starb am 07. Mai 2001 in Kalifornien.

In Laufe seiner langen Forscherlaufbahn hat Greenberg zahlreiche Theorien zu Verwandtschaftsbeziehung zwischen Sprachen verfasst. Besonders seine Thesen zur Sprachtypologie sind allgemein anerkannt. Diese Sprachuniversalien, die er formuliert hat, sollen sprachübergreifend und allgemein gültig sein. Dabei verglich er Sprachen miteinander, um allgemein gültige Gemeinsamkeiten beschreiben zu können. Er „sammelte“ also Ähnlichkeiten und Unterschiede, setzte sie in Bezug zueinander und leitet daraus die Universalien ab.

Wie man sich sicher denken kann, klingt es einfacher als es am Ende ist. Greenberg geht beispielsweise davon aus, dass es in allen Sprachen Wortarten wie Verben, Adjektive, Nomen etc. und eine grundlegende Wortstellung gibt. Doch wie sieht es bei Sprachen aus, die keine feste Wortstellung haben wie z.B. das Lateinische? Die Kritiker bemängeln genau solche Ungereimtheiten in Greenbergs Theorie.

Aber im Großen und Ganzen ist die Theorie anerkannt und logisch aufgebaut. Das Neue an Greenberg war die logische Analyse von Sprachen, nicht nur der Vergleich von Sprache A zu Sprache B. Die einzelnen Eigenschaften von Sprachen wurden aufgeschlüsselt. Damit wird es ermöglicht Sprachen in großer Zahl zu vergleichen, ohne alle Einzelheiten jeder Sprache zu untersuchen (Lexikalischer Massenvergleich).

In den 1960er Jahren versuchte Greenberg seine Methode bei den zahlreichen Sprachen Afrikas, da er sie ja intensiv studiert hat, anzuwenden. Er klassifizierte vier große Sprachefamilien anhand bestimmter Merkmale. Kritiker zweifeln die Gültigkeit der Klassifizierung an, weil sie Greenbergs Methoden als falsch ansehen, folglich auch seine Ergebnisse.

1970 wandte Greenberg seine Aufmerksamkeit den indopazifischen Sprachen zu, deren Verwandtschaftsverhältnisse schwieriger zu erklären sind als die der afrikanischen Sprachen. Seine Forschung wurde sehr kontrovers diskutiert. Das gleiche Problem kam bei den Sprachen der amerikanischen Sprachen auf, denen Greenberg sich in den 80er Jahren wieder verstärkt zuwandte. Die Datenlage sei nicht hinreichend belegt, meinten die Kritiker.

Die Arbeit Greenbergs mag in der heutigen Zeit nicht mehr der wissenschaftlichen Norm zu entsprechen, aber er hat neue Ideen entwickelt, Sprachen zu vergleichen und zu klassifizieren. Die Menge der Forschungsdaten, die er nutzte, war so riesig und unterschiedlich. Und das alles mit begrenzten technischen Mitteln, ganz im Gegensatz zu uns heute!

Seine Universalien helfen mir sehr Sprachen zu verstehen, ohne alle im Einzelnen kennen zu müssen. Und sie bieten Anregungen für weitere interessante Fragen, für mich einer der größten Vorteile der Forschung. Denn wo kämen wir denn hin ohne Fragen, die unsere Neugier wecken?

Quellen

Joseph Greenberg (Hrsg.): Universals of Language. MIT Press Cambridge.

https://news.stanford.edu/news/2002/april24/greenbergmem-424.html

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