Das Fingeralphabet des deutschsprachigen Raumes

Wer im Alltag schon mal mit Gehörlosen oder Menschen mit Hörschädigung kommunizieren wollte, stand vielleicht, wie ich auch, vor einem Kommunikationsproblem, denn die wenigsten hörenden Menschen beherrschen Gebärdensprache bzw. die grundlegenden Gebärden. In Zeiten von Corona wird dieses Problem noch größer, weil die Masken es zusätzlich erschweren zu kommunizieren. Das eigentliche Problem ist aber die geringe Sichtbarkeit der Gebärdensprache im Alltag der hörenden Menschen. Ein erster Schritt zur verbesserten Kommunikation wäre das Erlernen des deutschsprachigen, ja es gibt viele verschiedene, Fingeralphabetes.

Fingeralphabete sind seit der Antike in unterschiedlichen Formen bekannt. Mönche kommunizierten mit Hilfe von Fingeralphabeten, um das Schweigegelübde nicht zu brechen. Gehörlose und Menschen mit Hörschädigung haben in der Vergangenheit häufig unter schwierigen Umständen gelebt, wurden ausgegrenzt und hatten meist keinen Zugang zu Bildung oder einem Beruf. Sie galten als nicht bildungsfähig, ähnlich wie Blinde bzw. sehbehinderte oder körperlich eingeschränkte Menschen.  Das änderte sich langsam in der Zeit der Aufklärung, Schulen wurde geschaffen, gehörlose und schwerhörige Menschen lernten lesen und schreiben usw. Um sich zu verständigen, vor allem miteinander, entstanden erste Gebärdensprachen und verschiedene Fingeralphabete.

Wie der Name schon sagt, beschreibt man mit den Fingern ein Alphabet, also einzelne Buchstaben. Und da Sprachen unterschiedliche Buchstaben haben können, sind die Fingeralphabete häufig sprachspezifisch (z.B. Silbenalphabete) bzw. durch Zeichen werden ergänzt wie im Deutschen die Umlaute oder das ‚ß‘. Fingeralphabete sind praktisch, vor allem um seinen Namen oder unbekannte Wörter wie Fachbegriffe oder auch Abkürzungen zu buchstabieren. Das Alphabet kann in diesen Situationen ein gutes Hilfsmittel sein.

Das deutschsprachige Fingeralphabet wird mit einer Hand ausgeführt, normalerweise Rechtshänder mit rechts, Linkshänder mit links.

Im deutschsprachigen Raum wird eine standardisierte Form des Alphabetes genutzt, mit einigen Abweichungen meist in der französischsprachigen Schweiz.

A = geschlossene Faust vom Körper weg, Daumen seitlich angelegt

B = flache Hand vom Körper weg, Finger nach oben, Daumen auf der Handfläche

C = Daumen und Finger bildet einen offenen Halbkreis

D = Zeigefinger nach oben, Daumen und restliche Finger bilden einen geschlossenen Kreis

E = Daumen vor der Handfläche, restliche Finger berühren den Daumen mit den Fingerspitzen

F = Daumen und Zeigefinger bilden einen geschlossenen Kreis, die restlichen drei Finger parallel nach oben gespreizt.

G = geschlossene Hand zum Körper, Zeigefinger zeigt nach links

H = geschlossene Hand zum Körper, Zeige- und Mittelfinger zeigen parallel nach links

I = geschlossene Faust vom Körper weg, Daumen davor, kleiner Finger nach oben

J = geschlossene Faust vom Körper weg, Daumen davor, kleiner Finger nach oben, Drehbewegung der Hand um vertikale Achse

K = Zeigefinger, Mittelfinger und Daumen nach oben gespreizt, restliche Finger auf der Handfläche

L = Handfläche von Körper weg, Zeigefinger nach oben, Daumen nach links, restliche Finger auf der Handfläche

M = Handfläche nach unten, Zeige-, Mittel und Ringfinger nach unten gestreckt, Daumen unter den Fingern

N = Handfläche nach unten, Zeige- und Mittelfinger nach unten gestreckt, restliche Finger auf der Handfläche, Daumen unter den gestreckten Fingern

= Daumen und restliche Finger bildet einen geschlossenen Kreis

P = Handfläche nach unten, Zeigefinger nach vorn, Mittelfinger nach unten, Daumen berührt den Mittelfinger, restliche Finger auf der Handfläche

Q = Zeigefinger und Daumen nach unten gestreckt, restliche Finger auf der Handfläche

R = geschlossene Hand von Körper weg, Zeige- und Mittelfinger zeigen gekreuzt nach oben

S = geschlossene Faust vom Körper weg, Daumen vor den Fingern

T = geschlossene Hand nach links, Zeigefinger nach links gestreckt, Daumen auf dem Zeigefinger nach vorn

U = geschlossene Hand vom Körper weg, Zeige- und Mittelfinger zusammen nach oben, Daumen auf der Handfläche

= geschlossene Hand vom Körper weg, Zeige- und Mittelfinger gespreizt nach oben, Daumen auf der Handfläche

W = flache Hand vom Körper weg, Zeige-, Mittel- und Ringfinger gespreizt nach oben, Daumen auf der Handfläche

X  = geschlossene Hand nach links, Zeigefinger nach oben, aber angewinkelt

Y = geschlossene Hand vom Körper weg, Daumen und kleiner Finger nach oben abgespreizt

Z = geschlossene Hand vom Körper weg, Zeigefinger nach oben schreibt ein ‚Z‘ in die Luft (Zick-Zack-Bewegung)

SCH = flache Hand vom Körper weg, alle Finger gespreizt

CH = Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger bilden einen offenen Halbkreis, Ringfinger und kleiner Finger sind geschlossen, nur in der deutschsprachigen Schweiz und in Liechtenstein, in Luxemburger Fingeralphabet: Geschlossene Faust vom Körper weg, Daumen ganz offen

Ä, Ö, Ü, ß    =wie A, O, U, S mit kurzer Bewegung der Hand nach unten

Die Akzentzeichen in den französischsprachigen Regionen werden in das Buschstabenzeichen bzw. in die Bewegung integriert.

Die Buchstaben sind mit ein wenig Übung gut zu erlernen, das Tempo hängt von der Routine ab und natürlich vom Gegenüber, schließlich soll der ja auch mitkommen! Einfach mal ausprobieren!

Natürlich ist das Fingeralphabet keine adäquate Alternative zur Gebärdensprache. Eine Unterhaltung mit dem Fingeralphabet zu führen wäre auf Dauer ermüdend. Wer regelmäßig mit Gehörlosen oder Menschen mit Hörschädigung zu tun hat, kommt um die Gebärdensprache nicht herum.

Quellen

Schneider,Emma. Gebärdensprache lernen für Anfänger: Erlernen Sie die Deutsche Gebärdensprache – Kommunikation, Körpersprache, Gestik und Mimik. (DGS, Gebärdensprache Buch) Independently published 2021

Bildquelle

Von Landesverband Bayern der Gehörlosen e. V. – Infokarte des Landesverband Bayern der Gehörlosen e. V., CC BY-SA 4.0, Link

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