Wie oft habe ich diese Frage schon gehört? Ich kann es nicht sagen, aber oft. Eigentlich immer, wenn ich erzähle, dass ich Polnisch lerne. Ob den Lernenden des Englischen oder Spanischen auch so eine Frage gestellt wird? Ich glaube kaum….Ich selber habe mir diese Frage nie gestellt.
Das Lernen einer neuen Sprache fordert und fördert uns, davon bin ich überzeugt. Dabei spielt die Sprache an sich erstmal keine Rolle. Doch ich habe mich in meiner Jugend aus unterschiedlichen Gründen für Polnisch entschieden. Meine Muttersprache ist Deutsch, eine germanische Sprache, wohingegen Polnisch eine slawische Sprache ist. Lernt man eine Sprache aus einer anderen Sprachfamilie, sind viele Dinge ungewohnt. Beim Polnischen schlägt erstmal die Aussprachewucht zu. Als Deutschsprechender sucht man verzweifelt die Vokale (kleiner Funfact: Im Gegensatz zum Polnischen kann man im Tschechischen ganze Sätze ohne Vokale bilden.). Das Alphabet ist zwar das lateinische, aber ein paar diakritische Zeichen kommen noch dazu. Die Aussprache ist phonetisch, d.h. man spricht so wie man schreibt, fast. Hat man das erstmal verstanden, kann man lesen, ohne was zu verstehen.
Aus dem Wortschatz des Polnischen lassen sich viele deutsche Entlehnungen und Internationalismen erkennen, die den Einstieg erleichtern. Ums Lernen der typisch slawischen Wörter kommt man aber nicht herum, wie in allen anderen Sprachen auch.
Ich habe zuerst versucht alleine mit Hilfe eines Wörterbuches und einer Grammatik Polnisch zu lernen. Das hat überhaupt nicht funktioniert. Ich bin eher ein Gruppenlerntyp. In Berlin, meiner Heimatstadt, gibt es viele Möglichkeiten Kurse zu besuchen: Die Volkshochschule, Kurse an der Uni oder Privatschulen.
So nebenbei lernt sich eine Sprache aber nur langsam. Je nach Lerntyp fokussiert man sich auf die kommunikativen Kompetenzen wie Sprechen oder eher auf die Sprachstrukturen wie das Deklinationssystem oder die Wortstellung. Ich liebe Grammatik, nicht nur des Polnischen. Ich möchte die Struktur von Sprachen verstehen. Dass das in einer Situation in Polen nicht unbedingt hilft, ist mir zwar klar, aber so bin ich gestrickt.
Meine größte Schwierigkeit beim Polnisch lernen sind eindeutig die Verben. Die funktionieren zwar wie im Deutschen, kommen aber immer als Paar vor (mit wenigen Ausnahmen). Und je nach Kontext nutzt man das eine oder das andere. Auch die Konjugation der Verben machte mir zu schaffen. Natürlich gibt es Verbklassen, aber die erschlossen sich für mich nicht automatisch. Doch es gibt eine Menge Hilfsmittel zum Nachschlagen, gute Wörterbücher oder Verbtabellen. So etwas musste ich natürlich haben! Vor allem bei unregelmäßigen Formen, die meisten hoch frequentiert gebraucht werden, hilft z.B. eine Übersichtstabelle. In der sind alle möglichen Formen dargestellt.
Doch nur Grammatik pauken bringt wenig für die Kommunikation. Auch mit grammatisch falschen Sätzen wird man verstanden. Wortschatz lernen und Sprechen üben sind noch wichtiger. Die Angst vor Fehlern kennen wir alle, doch erinnern wir uns an Situationen z.B. wenn uns jemand in gebrochenem Deutsch nach dem Weg fragt. Wir verstehen den Sinn der Sätze und der Fragende bekommt eine Antwort. Das ist gelungene Kommunikation, auch ohne richtige Verbendung.
In Polen habe ich noch nie Probleme wegen meiner Fehler gehabt. Entweder sind die Menschen zu höflich, um mich zu korrigieren oder ich konnte verständlich genug ausdrücken. Oft habe ich anerkennende Blicke und ein Lob bekommen, dass ich als Deutsche eine so „schwere“ Sprache lerne.
Die Frage ist also nicht, ob Polnisch schwer zu lernen ist, sondern ob ich diese Sprache sprechen und verstehen möchte. Für mich lässt die Motivation den Schweregrad in den Hintergrund treten und ich freue mich über eine erfolgreiche Kommunikation.