Bulgarisch

Bulgarisch gehört zur Gruppe der ostsüdslawischen Sprachen innerhalb der großen slawischen Sprachfamilie. Als Amtssprache Bulgariens leben die meisten Sprecher*innen (ca. 6,5 Millionen) in Bulgarien. Außerhalb wird in den Nachbarstaaten wie der Ukraine, Griechenland oder Rumänien von ca. 1,5 Millionen Menschen ebenfalls Bulgarisch gesprochen. Seit dem EU-Beitritt Bulgariens ist Bulgarisch eine der 24 Amtssprachen der Europäischen Union.

Das Bulgarische ist die erste geschriebene slawische Sprache. In ihrem Sprachgebiet etablierte sich im 9. Jahrhundert das Erste Bulgarische Reich. Die Brüder Kyrill und Method schufen ein slawisches Alphabet zur Verschriftlichung der Bibel in slawischer Sprache und nutzten das Altbulgarische als Ausgangssprache. Religiöse Texte aus der Zeit sind in zwei Schriften erhalten, in glagolitischer und kyrillischer Schrift, von denen viele noch heute erforscht werden wie der Codex Assemanianus. Bis heute wird Bulgarisch in kyrillischer Schrift geschrieben, unterscheidet sich aber in seiner Form stark von den früheren Formen.

Die Entwicklungsstufen des Bulgarischen teilt man in drei Zeitabschnitte ein: Altbulgarisch (9.–11. Jahrhundert), Mittelbulgarisch (12.–14. Jahrhundert) und Neubulgarisch (seit dem 15. Jahrhundert).

Das Standardbulgarische besitzt 6 Vokale, 36 Konsonanten im Phoneminventar und einen freien Wortakzent. Im Gegensatz zu den meisten slawischen Sprachen gibt es im Bulgarischen weniger Formen in der Deklination, besonders die Kategorie Kasus ist reduziert. Dafür ist der Formenreichtum im Verbsystem ausgeprägt u.a. mit vier verschiedenen Vergangenheitsformen. Jedoch kennt das Bulgarische Artikel, ähnlich wie viele germanische Sprachen. Die klassische Wortstellung ist Subjekt-Verb-Objekt, kann aber abgewandelt werden.   

Die historischen Gegebenheiten haben das Bulgarische mit vielen Entlehnungen aus dem Griechischen und Türkischen geprägt, während der Erbwortschatz zum größten Teil slawisch ist. In neuerer Zeit kommen auch zahlreichen Anglizismen dazu.

Das Bulgarische weist eine Fülle an Dialekten auf, eingeteilt in drei Gruppen: westbulgarisch, ostbulgarisch und rupzisch. Die verschiedenen Dialekte haben phonologische, morphologische und lexikalische Charakteristika, die sich überlappen und ein Dialektkontinuum zum Mazedonischen und Serbischen bilden. Außerdem lassen sich auch Ähnlichkeiten zu nicht slawischen Sprachen in geografischer Nähe wie dem Rumänischen finden, was durch wechselseitige Einflussnahme z.B. Handelsbeziehungen oder Mischehen entstanden sein kann.

Die Tatsache, dass das Bulgarische solch eine lange Schrifttradition hat, lässt erahnen, wie vielfältig seine Literaturgeschichte ist. Als bulgarischer Nationaldichter gilt Christo Botew (1848-1876).

Quelle

Gutschmidt, Karl. Bulgarisch. In: Miloš Okuka, Gerald Krenn (Hrsg.): Lexikon der Sprachen des europäischen Ostens. Wieser Verlag, Klagenfurt/Celovec 2002

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