Jan Matejko

Polen verfügt über eine lange Geschichte und dank eines Mannes ist diese Geschichte auch in über 300 Ölgemälden festgehalten: Jan Matejko, der polnische Meistermaler.

Jan Alojzy Matejko war der Sohn eines nach Galizien eingewanderten Tschechen und wurde am 24. Juni 1838 in Krakau als neuntes von elf Geschwistern geboren. Seine polnisch-deutsche Mutter starb, als Matejko neun Jahre alt war. Der frühe Verlust prägte seine Kindheit, sein Vater erzog alle seine Kinder streng. Die Leidenschaft seines Sohnes für die Kunst lehnte er ab. Matejko zeigte für die Schule kaum Begeisterung, zum Ärger seines Vaters. Mit vierzehn Jahren begann er ein Studium an der Kunsthochschule Krakau (heute die Akademia Sztuk Pięknych im. Jana Matejki ). 1858 bekam er ein Stipendium und ging an die der Akademie der Bildenden Künste in München, wo er seine Leidenschaft für die historische Malerei entdeckte und sich dahingehend weiterentwickelte. Er hatte zwar schon vorher kleinere historische Gemälde gemalt, aber die produktive Phase begann in München. Es folgte ein kurzer Aufenthalt in Wien 1860, jedoch kehrte Matejko schnell nach Krakau zurück. Als Broterwerb schuf er einige Werke wie Die Vergiftung der Königin Bona (poln. Otrucie królowej Bony), das er schon in München begonnen hatte, oder Kleidung in Polen (poln. Ubiory w Polsce), eine Sammlung von zehn lithografischen Tafeln, die die historische Kleidung der Jahrhunderte zeigt. Eins seiner bekanntesten Werke malte er 1862 mit gerade mal 24 Jahren: Stańczyk.

Am 21. November 1864 heiratete Matejko Teodora Giebułtowska, mit der er fünf Kinder hatte, von denen die jüngste Tochter kurz nach der Geburt verstarb. Teodora saß viele Male Modell für ihn, sie war eine resolute Frau und forderte viel Aufmerksamkeit von ihrem Mann. Obwohl er zeitlebens schlecht sah, schuf er unzählige Gemälde, die die polnische Geschichte als Motiv zeigen. Alle aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen, aber einige der bekanntesten sind: Stańczyk 1862, Die Lubliner Union (poln. Unia lubelska) 1869, Die Schlacht bei Grunwald (poln. Bitwa pod Grunwaldem) 1878, Die Verfassung vom 3. Mai 1791 (poln. Konstytucja 3 Maja 1791 roku) 1891 u.v.m.

Neben seiner Malerei arbeitete er seit 1873 als Direktor der Akademie der Schönen Künste in Krakau (die später nach ihm benannt wurde). Zu seinen Schülern zählte u.a. Stanisław Wyspiański, ein weiterer bekannter polnischer Künstler.

So erfolgreich Matejko in der Kunst war, so schlecht lief es anfangs finanziell. Er verkaufte seine Werke oft zu sehr günstigen Preisen, die seinen Lebensstandard kaum deckten, und spendete große Summen für wohltätige Zwecke. Erst als er Auszeichnungen und Ehrenmitgliedschaften erhielt, die die Preise für seine Arbeiten steigen ließen, war er finanziell abgesichert. Trotz des Ruhmes lebte er zurückgezogen und scheute die großen Auftritte. Stattdessen widmete er sich der Pflege der Krakauer Denkmäler.

Als hochangesehener Mann und Künstler verstarb er am 1. November 1893 in Krakau. Zu seiner Beerdigung geleiteten ihn viele Krakauer und die Zygmunts-Glocke, der er auch ein Gemälde gewidmet hatte, läutete.

Matejko gilt als der größte Maler Polens, was vor allem an seinen Motiven liegt. Er war ein glühender Patriot, trotz seines tschechischen Vaters sah er sich als Pole und wollte mit seiner Malerei die Geschichte Polens festhalten. Seine Werke zeigen die großen Momente Polens, die die Menschen als Nation zusammenschweißen und vereinen sollen. Viele andere schrieben über Polens Geschichte, Matejko malte sie. Von seinen Kritikern wird ihm historische Ungenauigkeit vorgeworfen. Seine Art historische Ereignisse darzustellen, erlaubt ihm in seinen Augen auch eine gewisse Freiheit in der Gestaltung z.B. beim Aussehen der Figuren u.a. Fakten, die nicht belegt sind oder unerwähnte Ort, lässt er in seinen Darstellungen aus. Man könnte auch sagen, seine Bilder sind sehr dramatisch, gefüllt mit Pathos und vielen Details. Schließlich sind es historische Bilder. Wie würden sie wirken, wenn sie kühl und wenig authentisch gemacht wären? Auch die weniger überladenen Gemälde wie Portraits zeichnen sich durch Detailverliebtheit für Kleidung, Möbel im Hintergrund usw. und den Hang zur realistischen Darstellung der Personen aus. Matejko legte großen Wert auf die Charakterzüge seiner Figuren, realisiert durch Ausdrucksstärke und Technik.

Um seine Bilder zu sehen, muss man in viele verschiedene Städte, meist in Polen, wie Warschau oder Krakau fahren. Einige Bilder sind leider verschollen z.B. König Władysław IV. in Smolensk 1892.

Quellen

Serafińska, Stanisława. Jan Matejko: Wspomnienia rodzinne. Wydawnictwo Literackie, Kraków,1958.

Słoczyński, Marek Henryk. Matejko Wydawnictwo Dolnośląskie. Wrocław, 2000.

Romani

Von den vier anerkannten Minderheitensprachen in Deutschland ist Romani die unbekannteste im Bewusstsein der Menschen. Genaue Sprecherzahlen gibt es für Deutschland nicht, aber Schätzungen gehen von mindestens hunderttausend Menschen aus, die Romani als Muttersprache sprechen. Die insgesamten Sprecherzahlen werden auf mindestens vier Millionen weltweit geschätzt.

Romani ist eine Sprache aus der Familie der indoarischen Sprachen, der z.B. Sanskrit und Bengali angehören. Häufig wird Romani, aufgrund der lautlich zufälligen Ähnlichkeit, mit den romanischen Sprachen gleichgesetzt. Die Ursprünge liegen aber ganz woanders, nämlich in Indien. Linguistische Vergleiche mit den indoarischen Sprachen stoßen immer wieder auf Schwierigkeiten in der Klassifikation, denn es lässt sich keine genetisch eng verwandte Sprache des Romani in Indien finden. Die vielen Einflüsse anderer Sprachen könnte eine mögliche Erklärung sein, aber auch die vielen Dialekte des Romani und das Fehlen einer Standardschriftsprache.

Die verstreut lebenden Romanisprecher*innen haben im Laufe der Zeit zahlreiche Dialekte entwickelt, sodass eine Verständigung mitunter nicht bzw. nur schwer möglich ist. Dem deutschen Linguisten Norbert Boretzky zufolge gibt es zwei Hauptdialektzweige, Nord-Romani-Dialekte und Vlax-Romani, die sich wiederum in zahlreiche lokale Varianten aufspalten. Einflüsse der Kontaktsprachen sind sicherlich ein Aspekt der Dialektentwicklung und vor allem die räumliche Trennung voneinander. In vielen Roma-Gemeinschaften wurden Ehen untereinander geschlossen, sodass es wenig Durchmischung der Dialekte gab.

Forschungen zum Romani müssen immer bemüht sein die Einflüsse auf die Sprache korrekt zu erkennen, um die Strukturen der ursprünglichen Sprache zu erkennen, denn diese lassen sich trotz jahrhundertelangem Einfluss noch in allen Dialekten erkennen. Die fehlende Verschriftlichung ist jedoch ein großes Problem. Neuere Versuche eine Standardschrift zu etablieren, helfen der Forschung nur bedingt. Gerade bei phonologischen Fragen sind die Einflüsse der Kontaktsprachen schwer zu isolieren. Man geht aber davon aus, dass z.B. vorkommende Vokallängenunterschiede aus dem Slawischen und Ungarischen übernommen wurden, genauso wie die Verwendung zentraler Vokale wie [ə] aus dem Deutschen (z.B. das unbetonte /e/ in ‚Hase‘) oder Rumänischen.

Romani ist stark flektierend und die grammatische Kategorien werden durch zahlreiche Suffixe realisiert. Jedoch zeigen sich vielfach Unterschiede zwischen Wörtern aus Erb- und Lehnwortschatz. Es gibt zwei Numerus, Singular und Plural. Außerdem findet man acht Kasus, was eher ungewöhnlich für diese Sprachfamilie ist, daher vielleicht als Neustrukturierung anzusehen sein sollte, genauso wie die Verwendung von Artikeln (am wahrscheinlichsten ist hier der griechische Einfluss).

Der Erbwortschatz wurde durch die vielen lexikalischen Entlehnungen aus den Kontaktsprachen immer kleiner, heute geht man von etwa 700 Wörtern aus, die ursprünglicher Natur sind. Dazu kommen Entlehnungen aus dem Iranischen, Griechischen und wesentlich kleinere Anteile aus den anderen Kontaktsprachen. Der Erbwortschatz umfasst vor allem Basiswörter der Wortfelder Familie, Tiere und Körper. Funktionswörter wie Pronomina oder Präpositionen weisen alte sowie neue Herkunft auf.

Die im letzten Jahrhundert verstärkten Versuche einer Standardisierung der Sprache bzw. die Schaffung einer einheitlichen Schrift haben bisher noch nicht zu allgemeiner Akzeptanz geführt. Romani kann in verschiedenen Schriften geschrieben werden, je nach Gebiet. Die Schwierigkeit ist dabei die Phonem-Buchstaben-Zuordnung der einzelnen Schriften z.B. Lateinisch, Kyrillisch oder auch Devanagari.

In Deutschland ist Romani als Minderheitensprache besonders geschützt. Aber anders als die anderen Minderheitensprachen wie Sorbisch oder Friesisch konzentrieren sich die Sprecher*innen des Romani nicht auf eine bestimmte Region, so dass eine Förderung der Sprache auf lokaler Ebene schwer möglich ist. Dazu kommt, dass das Prestige der Sprache durch jahrhundertelange Abwertung und Diskriminierung ihrer Sprecher*innen stark gelitten hat. Es gibt zwar Verbände, die sich für die Sprache und die Kultur des Romani einsetzten, aber ihre Sichtbarkeit in Deutschland ist sehr gering.

Seit 2015 gibt es den von der UNESCO festgesetzten Tag der Romani-Sprachen am 5. November. Die Literatur- und Musikszene ist zwar vorhanden, aber nur einem begrenzten Publikum bekannt. Bekannte literarische Künstler sind Nedjo Osman (*1958) und Rajko Đurić (1947-2020).

Quellen

Boretzky, Norbert & Birgit Igla. Kommentierter Dialektatlas des Romani. Harrassowitz, Wiesbaden 2004

Đurić, Rajko. Die Literatur der Sinti und Roma. Edition Parabolis, Berlin 2002

Okuka, Miloš & Gerald Krenn (Hrsg.): Romani in Lexikon der Sprachen des europäischen Ostens. Wieser Verlag, Klagenfurt/Celovec 2002

Bäume in der Mythologie

„Kein Baum, so heißt es, kann in den Himmel wachsen, wenn seine Wurzeln nicht in die Hölle reichen.“

Der Schweizer Psychoanalytiker C.G. Jung fasst das Wesen der Bäume in vielen Kulturen der Welt zusammen. Bäume wachsen überall auf der Welt, daher ist es nicht verwunderlich, dass sie eine so zentrale Rolle spielen. Denken wir an Yggdrasil in der nordischen Mythologie oder den Baum der Erkenntnis aus der Bibel.  

Zahlreiche Kulturen verehren Bäume, bestimmte Pflanzen oder Gewässer als Heiligtümer. Sie sind Teil der Natur und die Menschen haben verstanden, wie abhängig sie vom Kreislauf der Natur sind. Die logische Konsequenz aus diesem Abhängigkeitsverhältnis ist eine Verehrung der Natur. Um zu überleben, nutzten die Menschen den Wald und die Tiere z.B. als Nahrungsquelle, Brennholz, Baumaterial usw. Doch sie waren sich immer auch der Verantwortung bewusst nur so viel zu entnehmen wie nötig, um keinen dauerhaften Schaden anzurichten. Da sollte sich der Mensch von heute mal ‘ne Scheibe von abschneiden.

Welche Kultur oder Religion als erstes diese Sicht auf die Natur vertrat, ist heute nicht mehr zu klären. Doch die Forschung ist sich einig, dass der Baumkult einer der ersten Kulte überhaupt war.

In der nordischen Mythologie wurde der Kosmos, also alle neun Welten, von der Weltenesche Yggdrasil zusammengehalten. Ihre Wurzeln reichen an Wasserquellen, verschiedene Tiere leben in oder auf ihr und als Ganzes symbolisiert die Esche den Himmel, die mittlere Welt und die Unterwelt. In der Edda wird berichtet, dass die nordischen Götter am Fuße Yggdrasils ihren Thing abhielten. Manche Lieder der Edda benennen andere heilige Bäume wie Mimameid oder Lärad. Man kann davon ausgehen, dass es sich dabei lediglich um andere Namen für Yggdrasil handelt. Auch die Mythologie der Finnen beschreibt eine weltumfassende Eiche, Iso tammi genannt, ähnlich wie die Weltenesche. 

Eine Legende des heiligen Bonifatius erzählt, dass eine Eiche von den dort ansässigen Germanen im heutigen Hessen dem Donnergott geweiht war und im Jahr 723 von Bonifatius selbst gefällt wurde, um an dieser Stelle eine Kirche zu errichten. Die Germanen auf dem Kontinent zeigen in ihren Kulten ebenso viele Naturverbundenheit wie die Nordgermanen, mitunter unterscheiden sich nur die Namen etwas.   

Auch die Slawen und Balten sehen eine starke Verbundenheit mit der Natur und vor allem mit Bäumen. Die Balten nennen „ihren“ Weltenbaum Austras koks, eine Eiche, die die Weltordnung und den Lauf der Sonne symbolisiert.  Im Slawentum kannte man heilige Bäume oder heilige Haine, deren Bäume nicht gefällt werden durften.  

Auch in Kulturen wie dem alten Ägypten oder Mesopotamien wurden Bäume, die den Himmel und die Erde verbinden, verehrt. Die Liste ist lang, die Namen und Geschichten unterscheiden sich meist nur minimal. Da muss man sich also fragen, ob dieser Glaube nicht eins der zentralsten Themen des menschlichen Glaubens schlechthin ist.

Die großen Weltreligionen beinhalten alle solche Elemente, angefangen mit dem Baum der Erkenntnis im Christentum, der Tubabaum in der islamischen Lehre bis zur heiligen Pappelfeige im Buddhismus.

Auch heute noch faszinieren uns Bäume. Wie kaum etwas anderes in der Natur zeigen sie uns den Lauf der Zeit, das Wachstum und das Ende, was nicht unbedingt Zerstörung bedeutet, sondern eher den Anfang von etwas Neuem. Der Erhalt und der Schutz der Bäume sichern uns ein Leben auf dieser Welt. In den letzten Jahren mussten wir uns dessen immer stärker bewusstwerden, denn wir sind nah daran den Wald und das Leben darin zu zerstören. Damit nehmen wir uns nicht nur unsere Lebensgrundlage, sondern zerstören auch den Glauben unserer Vorfahren in den Kulturen der Welt.

Quellen

Grimal, Pierre. Mythen der Völker III. Fischer Bücherei. Hamburg 1963

Stimek, Rudolf. Lexikon der germanischen Mythologie. 3. Auflage. Kröner, Stuttgart 2006

Woelm, Elmar. Mythologie, Bedeutung und Wesen unserer Bäume. Monsenstein & Vannerdat, Münster 2007

Ostpreußen

„Fernes nahes Land“- die Definition des Journalisten Klaus Bednarz beschreibt die Region Ostpreußen treffend. Mit ihr verbindet man Geschichte und Mythos, den Deutschen Orden mit der Marienburg, die Christianisierung der Prußen, den Aufstiegs Preußens und die Zeit des Nationalsozialismus mit Bunkeranlagen u.v.m.

Ostpreußens Geschichte reicht weiter zurück als der Begriff ‚Ostpreußen‘, der eher ein politischer ist, vermuten lässt. Das Gebiet reicht von der Ostsee im Norden, Höhe der Weichselmündung, bis zur Memel, einschließlich des Teils des heutigen russischen Oblast Kaliningrad, bis zur südlichen Grenze der Woiwodschaft Ermland-Masuren in Polen.

Die ursprünglichen Besiedler Ostpreußens waren die Prußen, ein baltischer Volksstamm, von dem auch der Name ‚Preußen‘ abgeleitet ist. Im 9. Jahrhundert wurden die Prußen erstmals gesichert in Aufzeichnungen erwähnt als die ersten Missionierungsversuche begannen. Frühere Erwähnungen zu Römerzeiten können nicht 100%ig bestätigt werden. Richtig wichtig wurde das Gebiet erst als der Deutsche Orden 1226 vom Herzog Konrad von Masowien gebeten wurde ihm, wegen der räuberischen Überfälle der Prußen in sein Territorium, zu helfen. Außerdem sollte die Christianisierung des baltischen Stammes angestrebt werden, die als einer der letzten an ihrem alten Glauben festhielten. Als Gegenleistung für die Dienste bekam der Deutsche Orden die Gelegenheit sich als lokale Machthaber in der Region zu etablieren, was sich vor allen in den prächtigen Bauten wie der Marienburg noch heute ablesen lässt. Doch das anfänglich kleine Herrschaftsgebiet des Ordens wuchs schnell, sie gründetet u.a. Thorn und Kulm (polnisch Toruń und Chełmno). Ihr wachsender Einfluss in der Region war den umliegenden Herrschern ein Dorn im Auge.  Die Folge waren mehrere Kriege z.B. die Schlacht von Tannenberg 1410 und der Dreizehnjährige Krieg zwischen dem Orden und Polen, die zur Schwächung des Ordens führten. Der letzte Hochmeister Albrecht von Brandenburg wandelte den Ordensstaat in ein weltliches Herzogtum, unter der Krone Polens, um. Vor allem die Reformation und der Glaubenswechsel des Hochmeisters sicherte dem „neuen“ preußischen Staat die Existenz und legten den Grundstein für die Entstehung des späteren Königreiches Preußen.

Als Teil Preußens erfuhr die Region Ostpreußen zahlreiche Reformen, religiösen, sozialer und verwaltungstechnischer. Die Bevölkerung war multiethnisch, nicht nur Nachkommen der Prußen, sondern auch deutsche Siedler, Polen und Litauer lebten dort, meist friedlich zusammen. Die Hauptstadt der Region, Königsberg, war das kulturelle Zentrum und der Sitz der 1544 gegründeten Albertus-Universität. Zahlreiche Gelehrte, zwei der bekanntesten sind Immanuel Kant und Johann Gottfried Herder, machten die Universität bekannt.

Die Stärke und die Dominanz des preußischen Staates verlor sich durch die Ereignisse des Ersten Weltkrieges. Der Friedensvertrag von Versailles 1919, trennte Ostpreußen vom restlichen Deutschland, da die Siegermächte den polnischen Staat nach 123 Jahren der Teilung (an der Preußen maßgeblich beteiligt war) wieder entstehen ließen. Diese Trennung Ostpreußens sorgte bei den Deutschen für Missstimmung. Die Nationalsozialisten vereinten durch ihren Überfall auf Polen das Gebiet wieder mit Deutschland bzw. sie verleibten sich Polen ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg ging Ostpreußen teilweise an Polen und als Exklave an die Sowjetunion. Die Vertreibung der restlichen deutschstämmigen Bevölkerung ist eins der noch nicht aufgearbeiteten Kapitel der deutschen Nachkriegsgeschichte. Das politische Klima der letzten Jahrzehnte ermöglichen erst allmählich Rekonstruktionen der damaligen Ereignisse. Die Politik der beiden deutschen Staaten bzw. der heutigen Bundesrepublik erkennt die Grenzen, die damals festgelegt worden sind, uneingeschränkt an. Das bedeutet für viele ehemalige Bewohner und ihre Nachkommen, dass das Ostpreußen von damals Geschichte ist und bleiben wird.

Trotz der politisch eindeutigen Lage Ostpreußens, symbolisiert es als Region doch eine Faszination und ein Heimatgefühl für viele Deutsche. Seit dem Ende des Kalten Krieges reisen viele Deutsche in das Gebiet ihrer Vorfahren, besuchen ihre Heimatdörfer, versuchen Informationen aus den Archiven zu sammeln. Es ist eine unendliche Schatzsuche, die eigene Geschichte so eng verwoben mit dieser Region, deren Reiz bei den Jüngeren eher in Gestalt der Landschaft und der Natur liegt.

Ähnlich wie in Schlesien finden sich auch in Ostpreußen ein kultureller, vor allem literarischer Schatz. Die Regionalliteratur Ostpreußens beweist die Verwurzelung der ehemaligen und neuen Bewohner (viele Polen aus den Kresy, den polnischen Ostgebieten, die Polen nach dem Krieg an die Sowjetunion verlor, wurde u.a. nach Ostpreußen umgesiedelt), die alle das Schicksal der Vertreibung teilten. Zwei bekannte Vertreter*innen der ostpreußischen Kultur sind der Schriftsteller Siegfried Lenz und die Malerin Erika Durban-Hofmann.

Quelle

Kossert, Andreas. Ostpreußen. Geschichte und Mythos. Siedler, München 2005

Pölking, Hermann. Ostpreußen – Biographie einer Provinz. Be.bra-Verlag, Berlin 2011

Bildquelle

By Wappen der ehemaligen preußischen Provinz Ostpreußen, Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=40584865

Die polnischen Dialekte

Die polnische Sprache und ihre Dialekte sind im geschichtlichen Kontext hochinteressant. Nicht nur, dass es den Staat Polen zwischenzeitlich nicht gab und in einigen Teilen des geteilten Gebietes Polnisch nicht als Verkehrs- und Verwaltungssprache erlaubt war, sondern auch die territorialen Verschiebungen, die den polnischen Staat bis heute formten.

Dass eine Sprache Dialekte besitzt, ist an sich nichts Besonderes. Dialekte sind Sprachvarietäten, die sich in einem räumlichen Kontinuum einer Sprache befinden. Sie weisen z.B. lautliche oder morphologische Unterschiede auf, die aber meist von (allen) Sprecher*innen der jeweiligen Sprache verstanden werden. Ausnahmen gibt’s immer!

Im Fall der polnischen Dialekte wird die Einteilung durch bestimmte sprachliche Merkmale klassifiziert. Einige wichtige sind: Das Masurieren, d.h. das Fehlern der Konsonantenreihe /ʃ,ʒ,t͡ʃ und d͡ʒ/, die als /s,z,t͡s und d͡z/ ausgesprochen werden, die fehlende Auslautverhärtung, Vokalverengung und Aussprache der Nasalvokale.

Eine grobe Einteilung der polnischen Dialekte erfolgt in fünf große Dialektgruppen, mit vielen Untergruppen. Das Vorkommen und die wichtigsten Merkmale jedes Dialektes sind hier zusammengefasst.

Die großpolnischen Dialekte (wielkopolski) gehen auf den Stamm der Polanen zurück, im Gebiet der nördlichen und mittleren Weichsel. sie zeigen kein Masurieren, keine Auslautverhärtung, eine Standardaussprache der Nasalvokale und die Existenz von Diphthonge.

Die kleinpolnischen Dialekte (małopolski) auf dem ehemaligen Gebiet der Wislanen im südlichen Weichselgebiet weisen das Masurieren, eine fehlende Auslautverhärtung, das auslautende /χ/ statt /k/ realisiert z.B. [grɔk] statt [grɔχ], lange und kurze Vokale und verschiedene Varietäten von Nasalvokalen als Merkmale auf.

Die masowischen Dialekte (mazowiecki) im ehemaliges Gebiet der Masowier und Masuren im mittleren Weichselgebiet zeigen u.a. das Masurieren, die Auslautverhärtung wie im Standardpolnischen, eine asynchrone Aussprache der palatalen Labiale und Unterschiede in der Morphologie.

Die schlesischen Dialekte (sląski) von den Stämmen der Slensanen kommend, werden oft als Dialekt zwischen dem Groß- und Kleinpolnischen verortet und haben neben der Existenz von Diphthongen, dem Masurieren, fehlender Auslautverhärtung, der Aussprache von  /ʃ/ statt [ʒ] und des Nasalvokals /ɛ̃/ als /a/ z.B. [viʒa ta baba] (widzę tę babę) noch viele germanische Entlehnungen integriert.

Das Kaschubische (kaszubski) geht auf die Pomoranen zurück, die im Raum Danzig und südwestlich davon lebten. Es zeigt besonders viele Unterschiede und kann nicht von allen Polnischsprecher*innen ohne Probleme verstanden werden. Der Status als eigene Sprache wird von einigen Linguist*innen nicht akzeptiert, aber in Polen als Minderheitensprache anerkannt.

Die neuen gemischten Dialekte (nowe mieszane) die vor allen im Westen, Osten und Nordosten zu finden sind, gehen auf historische Ereignisse z.B. der Westverschiebung der polnischen Grenzen und Verlust der ‚Kresy‘, der polnischen Ostgebiete, nach dem Zweiten Weltkrieg zurück. Auch in den Gebieten, in den Polnisch als Minderheiten- oder Regionalsprache anerkannt ist wie z.B. Litauen oder Rumänien, gibt es Dialekt, die sich durch die Begrenzung des Sprachgebietes erhalten.

Die Verwendung der polnischen Dialekte wurde schon früh, die Festsetzung einer polnischen Rechtschreibung fand im 13. Jahrhundert statt, mit niedriger Bildung und den einfachen Leuten gleichgesetzt, während sich die Elite dadurch auszeichnen wollte die polnische Hochsprache zu sprechen. In der heutigen Zeit, in der Dialekte durch die Standardsprache und die Mobilität bzw. Globalisierung zu schrumpfen scheinen, sind sie mehr als ein Zeichen von Heimat und Identität. Sie stellen für die Sprachwissenschaft ein interessantes Forschungsgebiet dar, denn sie zeigen ein buntes Bild der Sprache. Erschwerend kommt leider hinzu, dass viele Dialekte nur mündlich verwendet bzw. weitergegeben werden und dadurch verstärkt zu verschwinden drohen. Die heutige Technik erlaubt zum Glück die Sammlung großer Datenmengen, sowohl Audioaufnahmen als auch in Form von Transkriptionen.

Die Sprachpolitik Polens, die kleinere Sprachen und Dialekte nur duldet, aber nicht aktiv fördert (mit Ausnahme des Kaschubischen), trägt kaum zur Aufwertung und Erhalt bei. Damit bleiben die Dialekte oft nur das Kommunikationsmittel innerhalb von Familien oder Freunden. Erfreulicherweise sehen viele Menschen in ihren Dialekten auch ein kulturelles Erbe, dass ebenso wie Traditionen, Trachten u.a. offen und selbstbewusst gezeigt wird. Wenn die Identifikation mit einem Dialekt an die nächsten Generationen weitergegeben wird, kann die sprachliche Vielfalt erhalten werden.

Denn nicht nur religiöse oder sexuelle Vielfalt, sondern auch sprachliche schaffen Raum für Verständigung und ein friedliches Zusammenleben.

Quellen

http://www.dialektologia.uw.edu.pl/index.php

Miloš Okuka, Gerald Krenn (Hrsg.): Lexikon der Sprachen des europäischen Ostens (= Wieser-Enzyklopädie des europäischen Ostens. Band 10) Polnisch. Wieser Verlag, Klagenfurt/Celovec 2002,

Bildquelle

Von Aotearoa – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=11836448

Wozu Fremdsprachen lernen?

In der Schule waren Fremdsprachen zugegebermaßen nicht meine Lieblingsfächer. Wie damals üblich war für alle Kinder ab der fünften Klasse Englisch verpflichtend. Wer lieber Französisch lernen wollte, musste die Schule wechseln. In der siebten Klasse konnte ich eine weitere Fremdsprache wählen. Zur Auswahl standen Spanisch, Französisch oder Russisch, das ich sehr gerne belegt hätte, doch mit nur zwei Schüler*innen wollte die Lehrerin verständlicherweise nicht beginnen. Auf Spanisch und Französisch hatte ich keine Lust, also ließ ich es bleiben. Damit gestaltete sich meine Schulkarriere in Sachen Sprachen ziemlich einseitig. Deutsch war mit Geschichte und Erdkunde mein Lieblingsfach, Englisch kam ziemlich weit hinten und die Note war nur durchschnittlich.

Doch schon als Jugendliche war ich von Sprachen fasziniert. Ich „las“ die fremdsprachigen Zutatenlisten auf Lebensmitteln oder Betriebsanleitungen von technischen Geräten. Doch so richtig in die Gänge kam ich erst während eines Urlaubs in Polen als ich polnische Jugendliche kennenlernte und wir mit Englisch zwar zurechtkamen, aber ich mich fragte, warum wir nicht die Sprache des direkten Nachbars sprachen. Aus dieser Begegnung ist eine Freundschaft entstanden und bis heute geblieben, meine Liebe zu Polen und der polnischen Sprache begründet sich darauf.

Also entschloss ich mich Polnisch zu lernen, so nebenbei, dachte ich. Ich kaufte mir ein Wörterbuch und eine Grammatik und fiel sofort auf die Schnauze: Versucht mal ohne Plan ‚chrząszcz‘ (dt. ‚Käfer‘) auszusprechen! Ich merkte, dass ich das als Selbstlernerin nicht weit bringen würde und meldete mich in einer Volkshochschule zu einem Anfängerkurs an. Etwas ernüchternd stellte ich fest, dass der Altersschnitt bei 60 Jahren lag und alle, außer mir (knappe 16 Jahre alt), schon Vorkenntnisse besaßen. Es war nicht das, was ich mir vorgestellt hatte in meinem jugendlichen Leichtsinn. Doch zumindest die Aussprache war mir jetzt klar, wenn auch nicht so einfach für meine deutsche Zunge. Mir fehlten Übungsgelegenheiten, ich kannte in Berlin keine Polen, also wie sollte ich es lernen? Ich hatte eine Zeitlang Unterricht bei Polinnen, die in Berlin studieren, alles nebenbei neben der Schule bzw. der Ausbildung und anderen Hobbys. Doch meine Faszination für Sprachen, besonders für das Polnische, taten diese Schwierigkeiten keinen Abbruch.

Auch meine eigene Sprache, Deutsch, lernte ich durch das Polnisch lernen besser kennen. Die Neugier auf Sprachstrukturen, verwandtem Wortschatz und kulturellen Einflüssen wurde immer größer. Nach vielen Jahren traute ich mich endlich mich zur B1-Zertifikatsprüfung anzumelden, die ich im Herbst 2018 in Warschau ablegte. Dafür lehrte ich intensiv und es hat sich gelohnt! Mit diesem Zertifikat in der Tasche, in Deutschland braucht man ja für alles einen Schein, entschloss ich mich zu einem großen Schritt und schrieb mich an der Universität für Slawistik und germanistische Linguistik ein. Heute, kurz vor Beendigung meines Bachelorstudiums kann ich sagen, dass das die beste Entscheidung für mich war. Nicht nur, dass ich so viel lerne, sondern auch die Art und Weise Dinge zu betrachten und offen für Neues und Andersartige zu sein.

Ich denke, die Neugier auf Neues ist dabei das Entscheidende. Bei mir ist es die Lust auf neue Sprachen, der das Interesse für die Kulturen anderer Länder und Menschen folgt. Eine neue Sprache zu lernen ist der erste Schritt in diese neue Welt. Rückblickend ärgere ich mich darüber, dass ich nicht schon früher als Schülerin diese Neugier entwickelt habe. Es wäre so viel leichter gewesen!!

Und außerdem schreitet der Fortschritt immer weiter voran, vor allem die Übersetzungsprogramme werden immer besser. Wozu soll man eigentlich noch Fremdsprachen lernen? Für mich stellt sich diese Frage eigentlich nie, denn ich bin ein Mensch und brauche Sprache.

Für mich bedeutet Sprachen lernen vor allem Spaß, ja auch bei Grammatik! Ich tauche gerne ein in die Welt der jeweiligen Sprache, ich staune über Laute, die ich nicht kenne und vielleicht auch (noch) nicht aussprechen kann, verliere mich im jeweiligen Kasus- oder Konjugationssystem und und und….

Welche Vorteile bringt das Erlernen einer Sprache noch so mit? Wichtig ist das Ziel und die Motivation. Wenn man Englisch lernt, weil es in der Schule dafür eine Note gibt, ja wie motiviert kann man schon sein? Aber wenn ein Urlaub ruft oder man einen Menschen aus dem Land kennenlernt, dann sieht das schon anders aus. Sprachen öffnen das Tor zu einer neuen Welt, sie lassen uns offener und toleranter sein. Das Gefühl sich mit jemanden in seiner Muttersprache unterhalten zu können, steigert das Selbstvertrauen.

Lernen, egal was, steigert die geistige Fitness, verbessert unsere beruflichen Chancen, führt langfristig zu intensiveren Freundschaften und hilft uns andere besser zu verstehen. Keiner erwartet, dass man eine Fremdsprache perfekt und akzentfrei beherrscht. Einigen wenigen gelingt das, doch ist das das Ziel? Nein, die gegenseitige Verständigung ist wichtig, nicht der fehlende Akzent.

Ich gehöre zu den Menschen, die sich oft schwer tun mit dem Erlernen einer Sprache. Ich brauche lange, um mir Wörter zu merken, Grammatikregeln anzuwenden usw. Aber es macht mir Freude und genau darum geht es mir. Ich verstehe durch meine eigenen Erfahrungen immer besser, wie es anderen z.B. beim Deutschlernen geht und wie viel Überwindung es kostet zu sprechen, obwohl man sich seiner Fehler bewusst ist. Aber das ist egal. Je mehr Sprachen ich lerne, desto unwichtiger ist mir der Ehrgeiz sie fließend zu sprechen. Ich bin einfach Realistin! Aber das wird mich nicht davon abhalten weitere Sprachen zu entdecken!

Roman Jakobson

Egal ob Literatur- oder Sprachwissenschaft, niemand kommt in diesen Bereichen an Roman Jakobson vorbei. Er gilt als einer der bekanntesten Linguisten.

Roman Ossipowitsch Jakobson wurde am 23. Oktober 1896  als Sohn einer wohlhabenden jüdischen Familie geboren und wuchs mit zwei Brüdern in Moskau auf. Dort studierte er Slawistik und schloss sich dem literaturtheorischen Kreis der russischen Formalisten an, der sich ab 1915 bildete. In der Zeit seines Studiums beschäftigte Jakobson sich auch mit neuen Medien wie dem Film und der Strömung des Futurismus. 1918 erwarb er seinen Magister und arbeitete danach zwei Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Moskauer Universität.

Ab 1920 lebte und arbeitete er in Prag, im diplomatischen Dienst. In den folgenden Jahren pflegte er eine enge Verbindung zu Nikolai Trubetzkoy, der in Wien lebte. 1926 gründete Jakobson mit anderen zusammen den Linguistischen Kreis in Prag und wirkte bis 1939 als ihr Vizepräsident. Zusätzlich lehrte er seit 1933 als Professor in Brünn, musste aber vor den Deutschen fliehen, die 1939 in die Tschechoslowakei einmarschierten. Sein Weg führte über Dänemark und Norwegen nach Schweden, wo er jeweils kleine Gastprofessuren übernahm. Ab 1942 lebte und lehrte er in New York und Harvard als Professor für Linguistik, Slawistik und Bohemistik. Bis 1967 wirkte er als Dozent, ging dann in den Ruhestand, forschte und schrieb jedoch weiter.

Seine frühen Forschungen im Bereich des Strukturalismus erarbeite er zusammen mit Trubetzkoy, der bereits 1938 starb. Sie interessierten sich vor allem für den Bereich der Phonologie und beschrieben die Grundlagen phonologischer Gesetzmäßigkeiten. Aus dieser Forschung entwickelte Jakobson seine Theorien im Bereich des kindlichen Spracherwerbs und der Sprachpathologien z.B. bei Aphasie. Noch heute gelten viele seiner Erkenntnisse und Theorien als aktuell. Ein für Sprachwissenschaftler*innen wichtiger Aspekt von Jakobsons Arbeit ist die Weiterentwicklung des Kommunikationsmodells, beruhend auf dem Modell von Bühler, dass er nicht direkt neu erschafft, sondern weiterentwickelt hat. Die Erkenntnisse seiner phonologischen Forschung legte den Grundstein für unser heutiges Verständnis wie Sprache funktioniert.

Dabei zeigt sich, dass es keine scharfe Trennung zwischen Sprache, Literatur oder Poesie gibt. Sie bedingen einander und sollten deshalb auch nicht isoliert betrachtet werden. Ein Schlagwort ist z.B. die ‚poetische Funktion der Sprache‘ oder ‚Poetizität‘, was Literaturliebhabern bekannt vorkommen dürfte. Die Verknüpfung der Sprachwissenschaft mit Literatur und Kunst, die er in Schriften und in der Lehre aufzeigt, verweisen auf Jakobsons großes interdisziplinäres Wissen.

Er schreibt und publiziert in verschiedenen Sprachen, zu ganz unterschiedlichen Themen, aber immer interdisziplinär gesehen, so dass viele Fachrichtungen unter seinem Namen vereint arbeiten können. Das ist ein wichtiger Schritt, denn zu oft noch schauen wir als Menschen ungern über unseren Tellerrand oder bewerten andere Fachgebiete schlechter oder als weniger wertvoll als unser eigenes.

Als Roman Jakobson am 18. Juli 1982 in Boston starb, hinterließ er der Welt eine Unmenge an Wissen, festgehalten in seinen zahlreichen Veröffentlichungen. Und noch heute werden seine Theorien gelehrt und haben nichts an ihrer Allgemeingültigkeit verloren.

Quellen

Birus, Hendrik. Roman Jakobson. In: Matías Martínez, Michael Scheffel (Hrsg.): Klassiker der modernen Literaturtheorie. Von Sigmund Freud bis Judith Butler (= Beck’sche Reihe. 1822). Beck, München 2010

Jakobson, Roman. Linguistik und Poetik, in: Jens Ihwe (Hg.): Literaturwissenschaft und Linguistik. Ergebnisse und Perspektiven, Frankfurt/M. 1971

Bildquelle:

Von Philweb Bibliographical Archive – http://www.phillwebb.net/history/Twentieth/Continental/(Post)Structuralisms/Structuralism/Jakobson/Jakobson3.jpg, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=16924084

Rumänisch

Das rumänischsprachige Kerngebiet liegt inmitten des Balkansprachbundes, in der viele Sprachen unterschiedlicher Familien wie Griechisch, Albanisch oder Mazedonisch liegen. Sie grenzen mit ihren Sprachgebieten zwar aneinander, sind aber nicht oder nur entfernt verwandt, was ungewöhnlich ist.

In Rumänien und Moldau ist Rumänisch Amtssprache, Regionalsprache in Teilen Serbiens und Griechenlands und seit 2007 auch eine der Amtssprachen der EU. Rumänisch hat etwa 20 Mio. Muttersprachler in Rumänien, ca.3 Mio. in Moldau und etwa 1,5 Mio. außerhalb dieser beiden Länder. Das heutige Rumänisch als Standardsprache bezieht sich eigentlich auf das Dakorumänische, das zusammen mit Aromunisch, Meglenorumänisch, Istrorumänisch und Dalmatisch (ausgestorben) die Gruppe der balkanromanischen Sprachen bildet.  Es ist die östlichste romanische Sprache in der romanischen Sprachfamilie, die großen „Geschwister“ Französisch, Spanisch, Italienisch und Portugiesisch liegen weit entfernt. Das hat historische Gründe: In den römischen Provinzen Dakien und Moesien, die an der Donau liegen, wurde Latein gesprochen. Daraus entwickelte sich zwischen dem 7. und 9. Jahrhundert, räumlich getrennt von der Sprachfamilie, das Rumänische, mit vielen Einflüssen der anderen Sprachen des Balkansprachenbundes, vor allem slawische.

Als ältestes schriftliches Dokument in rumänischer Sprache wird der Brief des Neacșu aus Câmpulung aus dem 16. Jahrhundert angesehen. Anders als viele Sprachen des Balkansprachbundes schreibt man das Rumänische heute in lateinischer Schrift. Bis 1862 galt aber die kyrillische Schrift, die Änderungen zur lateinischen Schrift wurde von der Rumänischen Akademie 1881 mit einer Reform der Schreibung zugunsten des phonetischen Prinzips durchgesetzt, wobei davon in den letzten drei Jahrzehnten wieder abgewichen wurde. Eine einheitliche Orthografie ist trotz offizieller Richtlinien noch nicht überall der Standard. Buchstaben, die es im deutschen Alphabet nicht gibt: <ă, â, î, ș, ț>.

Das Phoneminventar besteht aus 33 Phonemen: 7 Vokalen, 2 Halbvokalen, 2 Halbkonsonanten (aus Halbvokalen und -konsonanten entstehen zahlreiche Diph- und Triphthonge) und 22 Konsonanten. Der Wortakzent ist sehr dynamisch, die Regeln besitzen jedoch jede Menge Ausnahmen.

Entgegen den anderen romanischen Sprachen besitzt das Rumänische noch Teile von Kasusdeklinationen, außerdem theoretisch ein neutrales Genus, jedoch ohne eigene Form. Ungewöhnlich ist die Tatsache, dass der Artikel hinter dem Substantiv steht, das ist in romanischen Sprachen ungewöhnlich. Die Verben werden in zwei Konjugationsklassen aufgeteilt, Ausnahmen bilden ein paar Auxiliarverben. Außerdem verwendet das Rumänische sowohl analytische als auch synthetische Verbformen. Allgemein gilt die Wortstellung Subjekt-Verb-Objekt, aber ähnlich wie im Lateinischen gibt es viele Möglichkeiten zur Umstellung der Satzglieder.

Der größte Teil des Wortschatzes stammt aus dem Lateinischen, aber die starken Einflüsse der umgebenden Sprachen sind unverkennbar. Die rumänische Sprache nimmt ohne Probleme Lehnwörter auf. Mindestens 10% des Wortschatzes sind slawischen Ursprungs (unterschiedlich viel aus verschiedenen slawischen Sprachen) z.B. ‚corenie‘ – ‚Ursprung, Familie‘, kleinere Anteile aus dem Türkischen z.B. ‚cioban‘ – ‚Hirte‘, Griechischen z.B. ‚proaspăt‘ – ‚frisch‘, Albanischen z.B. ‚gata‘ – ‚fertig, bereit‘, Ungarischen z.B. ‚oraș‘ – ‚Stadt‘  und Deutschen z.B. ‚pantof‘ – ‚Schuh‘ , was oft an der geografischen Nähe der Sprachen liegt oder an historischen Gegebenheiten wie Herrschaftsgebiete oder Ansiedlungen von fremden Siedlern. Die stetige Einflussnahme des Russischen im 18. Jahrhundert bis zum Ende des Kalten Krieges hinterließ deutliche Spuren. Je nach Region zeigen sich die sprachlichen Einflüsse aus den verschiedenen Sprachen als Regiolekte, nicht alle haben es bis in das Standardrumänisch geschafft. Mittlerweile nimmt auch die Übernahme von Anglizismen zu, wie überall.

Die Überschneidungen mit den romanischen Verwandten in Westeuropa betragen teilweise 80%, was nicht heißt, dass sich Sprecher:innen romanischer Sprachen miteinander unterhalten können. Die Rumänischsprecher:innen sind sich ihres romanischen Erbes wohl bewusst. Trotz der langen Geschichte der Sprache erlangte sie bei weitem nicht so ein Prestige wie ihre westlichen Verwandten.

Quellen

Bochmann, Klaus & Stiehler, Heinrich. Einführung in die rumänische Sprach- und Literaturgeschichte. Romanistischer Verlag, Bonn 2010.

Iliescu, Maria. Rumänisch. In: Miloš Okuka (Hg.): Lexikon der Sprachen des europäischen Ostens. Wieser, Klagenfurt 2002.

Das Fingeralphabet des deutschsprachigen Raumes

Wer im Alltag schon mal mit Gehörlosen oder Menschen mit Hörschädigung kommunizieren wollte, stand vielleicht, wie ich auch, vor einem Kommunikationsproblem, denn die wenigsten hörenden Menschen beherrschen Gebärdensprache bzw. die grundlegenden Gebärden. In Zeiten von Corona wird dieses Problem noch größer, weil die Masken es zusätzlich erschweren zu kommunizieren. Das eigentliche Problem ist aber die geringe Sichtbarkeit der Gebärdensprache im Alltag der hörenden Menschen. Ein erster Schritt zur verbesserten Kommunikation wäre das Erlernen des deutschsprachigen, ja es gibt viele verschiedene, Fingeralphabetes.

Fingeralphabete sind seit der Antike in unterschiedlichen Formen bekannt. Mönche kommunizierten mit Hilfe von Fingeralphabeten, um das Schweigegelübde nicht zu brechen. Gehörlose und Menschen mit Hörschädigung haben in der Vergangenheit häufig unter schwierigen Umständen gelebt, wurden ausgegrenzt und hatten meist keinen Zugang zu Bildung oder einem Beruf. Sie galten als nicht bildungsfähig, ähnlich wie Blinde bzw. sehbehinderte oder körperlich eingeschränkte Menschen.  Das änderte sich langsam in der Zeit der Aufklärung, Schulen wurde geschaffen, gehörlose und schwerhörige Menschen lernten lesen und schreiben usw. Um sich zu verständigen, vor allem miteinander, entstanden erste Gebärdensprachen und verschiedene Fingeralphabete.

Wie der Name schon sagt, beschreibt man mit den Fingern ein Alphabet, also einzelne Buchstaben. Und da Sprachen unterschiedliche Buchstaben haben können, sind die Fingeralphabete häufig sprachspezifisch (z.B. Silbenalphabete) bzw. durch Zeichen werden ergänzt wie im Deutschen die Umlaute oder das ‚ß‘. Fingeralphabete sind praktisch, vor allem um seinen Namen oder unbekannte Wörter wie Fachbegriffe oder auch Abkürzungen zu buchstabieren. Das Alphabet kann in diesen Situationen ein gutes Hilfsmittel sein.

Das deutschsprachige Fingeralphabet wird mit einer Hand ausgeführt, normalerweise Rechtshänder mit rechts, Linkshänder mit links.

Im deutschsprachigen Raum wird eine standardisierte Form des Alphabetes genutzt, mit einigen Abweichungen meist in der französischsprachigen Schweiz.

A = geschlossene Faust vom Körper weg, Daumen seitlich angelegt

B = flache Hand vom Körper weg, Finger nach oben, Daumen auf der Handfläche

C = Daumen und Finger bildet einen offenen Halbkreis

D = Zeigefinger nach oben, Daumen und restliche Finger bilden einen geschlossenen Kreis

E = Daumen vor der Handfläche, restliche Finger berühren den Daumen mit den Fingerspitzen

F = Daumen und Zeigefinger bilden einen geschlossenen Kreis, die restlichen drei Finger parallel nach oben gespreizt.

G = geschlossene Hand zum Körper, Zeigefinger zeigt nach links

H = geschlossene Hand zum Körper, Zeige- und Mittelfinger zeigen parallel nach links

I = geschlossene Faust vom Körper weg, Daumen davor, kleiner Finger nach oben

J = geschlossene Faust vom Körper weg, Daumen davor, kleiner Finger nach oben, Drehbewegung der Hand um vertikale Achse

K = Zeigefinger, Mittelfinger und Daumen nach oben gespreizt, restliche Finger auf der Handfläche

L = Handfläche von Körper weg, Zeigefinger nach oben, Daumen nach links, restliche Finger auf der Handfläche

M = Handfläche nach unten, Zeige-, Mittel und Ringfinger nach unten gestreckt, Daumen unter den Fingern

N = Handfläche nach unten, Zeige- und Mittelfinger nach unten gestreckt, restliche Finger auf der Handfläche, Daumen unter den gestreckten Fingern

= Daumen und restliche Finger bildet einen geschlossenen Kreis

P = Handfläche nach unten, Zeigefinger nach vorn, Mittelfinger nach unten, Daumen berührt den Mittelfinger, restliche Finger auf der Handfläche

Q = Zeigefinger und Daumen nach unten gestreckt, restliche Finger auf der Handfläche

R = geschlossene Hand von Körper weg, Zeige- und Mittelfinger zeigen gekreuzt nach oben

S = geschlossene Faust vom Körper weg, Daumen vor den Fingern

T = geschlossene Hand nach links, Zeigefinger nach links gestreckt, Daumen auf dem Zeigefinger nach vorn

U = geschlossene Hand vom Körper weg, Zeige- und Mittelfinger zusammen nach oben, Daumen auf der Handfläche

= geschlossene Hand vom Körper weg, Zeige- und Mittelfinger gespreizt nach oben, Daumen auf der Handfläche

W = flache Hand vom Körper weg, Zeige-, Mittel- und Ringfinger gespreizt nach oben, Daumen auf der Handfläche

X  = geschlossene Hand nach links, Zeigefinger nach oben, aber angewinkelt

Y = geschlossene Hand vom Körper weg, Daumen und kleiner Finger nach oben abgespreizt

Z = geschlossene Hand vom Körper weg, Zeigefinger nach oben schreibt ein ‚Z‘ in die Luft (Zick-Zack-Bewegung)

SCH = flache Hand vom Körper weg, alle Finger gespreizt

CH = Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger bilden einen offenen Halbkreis, Ringfinger und kleiner Finger sind geschlossen, nur in der deutschsprachigen Schweiz und in Liechtenstein, in Luxemburger Fingeralphabet: Geschlossene Faust vom Körper weg, Daumen ganz offen

Ä, Ö, Ü, ß    =wie A, O, U, S mit kurzer Bewegung der Hand nach unten

Die Akzentzeichen in den französischsprachigen Regionen werden in das Buschstabenzeichen bzw. in die Bewegung integriert.

Die Buchstaben sind mit ein wenig Übung gut zu erlernen, das Tempo hängt von der Routine ab und natürlich vom Gegenüber, schließlich soll der ja auch mitkommen! Einfach mal ausprobieren!

Natürlich ist das Fingeralphabet keine adäquate Alternative zur Gebärdensprache. Eine Unterhaltung mit dem Fingeralphabet zu führen wäre auf Dauer ermüdend. Wer regelmäßig mit Gehörlosen oder Menschen mit Hörschädigung zu tun hat, kommt um die Gebärdensprache nicht herum.

Quellen

Schneider,Emma. Gebärdensprache lernen für Anfänger: Erlernen Sie die Deutsche Gebärdensprache – Kommunikation, Körpersprache, Gestik und Mimik. (DGS, Gebärdensprache Buch) Independently published 2021

Bildquelle

Von Landesverband Bayern der Gehörlosen e. V. – Infokarte des Landesverband Bayern der Gehörlosen e. V., CC BY-SA 4.0, Link

Die Niederlausitz

Die Niederlausitz (niedersorbisch Dolna Łužyca) im Süden Brandenburgs und Norden Sachsens ruft bei den meisten Menschen Bilder des Spreewaldes und des Kohlebergbaus hervor. Im Vergleich zu anderen deutschen Regionen umfasst sie ein kleines Areal des gesamtdeutschen Bundesgebietes. Ein kleiner Teil der Niederlausitz liegt zudem der polnischen Woiwodschaft Lebus im heutigen Polen. 

Geografisch wird die Niederlausitz vor allem durch Flüsse begrenzt: Die Spree nördlich, der Bober (ein Nebenfluss der Oder) östlich, die Schwarze Elster (ein Nebenfluss der Elbe) südlich und die Dahme westlich. Diese „Grenzen“ zeigen deutlich, dass sich die Niederlausitz ein wasserreiches Gebiet ist, was historisch und wirtschaftlich bedeutend ist. Bedeutende Städte wie Cottbus (Chóśebuz) als größte Stadt, Lübben/Spreewald (Lubin), Lübbenau/Spreewald (Lubnjow), Vetschau (Wětošow), Spremberg (Grodk) und Guben (Gubin) wurde alle an Flüssen gegründet.

Wirtschaftlich nutzte der Mensch die Gegend traditionell holzwirtschaftlich, großflächige Landwirtschaft ist durch das niederschlagsarme Klima aber nur eingeschränkt möglich. Ab den 1930er Jahren und besonders zu DDR-Zeiten entstanden große Tagebaue, die die Landschaft prägten und in nächster Zeit stillgelegt und renaturiert werden sollen.

Die Besiedlung der Niederlausitz begann wahrscheinlich während der Jungsteinzeit. Archäologische Funde zeigen, dass bis 600 n.Chr. verschiedene Gruppen dort lebten, mehr oder weniger sesshaft, denn die kontinuierliche Versorgung mit Lebensmitteln ist dort schwierig gewesen. Sicher ist aber, dass sich um 600 n.Chr. westslawische Stämme, v.a. die Lusitzi, niederließen und Siedlungen gründeten. Die Nachfahren der Lusitzi und anderer westslawischer Stämme bilden die ethnische Gruppe der heutigen Sorben.

Um das 10. Jahrhundert kam das Gebiet unter deutsche Herrschaft als Teil des römisch-deutschen Kaiserreichs. Damit entstanden immer mehr deutsche Siedlungen, die im Laufe der nächsten Jahrhunderte unter verschiedene Herrscher gerieten, z.B. Wettiner, Wittelsbacher, Böhmen oder die sächsischen Kurfürsten. Trotz der Fremdherrschaft behielten die Sorben vorerst ihre Eigenständigkeit, meist siedelten die Deutschen in den Städten und die Sorben auf dem Land, so dass die Durchmischung der Bevölkerung wenig stattfand. Ab dem 16. Jahrhundert, verstärkten die Herrscher ihre Bemühungen die Sorben ihrer Sprache und Kultur zu entledigen. Einen Teil trug die Kirche zu dieser Entwicklung bei, denn die Niederlausitz schloss sich der protestantischen Kirche an, die ihre Gottesdienste auf Deutsch und Sorbisch abhielt und viele deutsche Geistliche in das Gebiet versetzte.

Nach den Beschlüssen des Wiener Kongresses von 1815 gehörte die Niederlausitz zu Preußen, war somit von der Oberlausitz auch staatlich getrennt (die Oberlausitz verblieb beim Königreich Sachsen). Preußen gliederte das Gebiet in die brandenburgische Verwaltung ein, die die bisherige Autonomie der Sorben aufhob, was sich vor allem auf die Sprache und die Kultur der Sorben auswirkte und eine starke Abwanderung der sorbischen Bevölkerung zur Folge hatte. Unter den Nationalsozialisten verstärkte sich dieser Assimilationszwang noch weiter.

Die wirtschaftliche Entwicklung der Niederlausitz hing eng mit dem Kohleabbau zusammen, mittlerweile ist der Kohleausstieg beschlossen und die Region muss sich umorientieren. Der Energiesektor ist immer noch ein großer Arbeitgeber, es wird nun aber vermehrt in erneuerbare Energien investiert. Außerdem nimmt die touristische Nutzung der gesamten Lausitz stark zu, das wachsende Interesse der Deutschen im eigenen Land Urlaub zu machen, stärkt die Tourismusbranche.

Auch das vielfältige kulturelle Erbe erfährt in den letzten Jahren einen Aufschwung. Das Land Brandenburg hat in seiner Verfassung den Schutz der sorbischen Kultur und Sprache verankert. Zahlreiche Institutionen und Kulturvereine setzten sich für den Erhalt und die Stärkung des Sorbischen ein. Die Traditionen wie das Zampern (camprowanje), Hahnrupfen (kokot), die Trachten oder die kunstvolle Verzierung der Ostereier sind nur ein kleiner teil des sorbischen Erbes. Viele Grundschulen der Region bemühen sich darum Sorbischlehrer zu finden, die die Sprache vermitteln, auch an Kinder ohne sorbische Wurzeln. Zahlreiche Medien wie die Zeitschrift NOWY CASNIK und das Programm Łužyca des RBBs sowie Radiosendungen und der sorbische DOMOWINA-Verlag (veröffentlicht in beiden sorbischen Sprachen) bieten die Möglichkeit die Niederlausitz als Region kennenzulernen bzw. die sorbische Sprache zu nutzen bzw. zu erlernen. Der Erfolg, eine Sprache mit höchstens 10.000 Sprechern (Niedersorbisch) zu retten, ist ein schwieriges, aber nicht unmögliches Vorhaben.

Die Niederlausitz als traditionsbewusste Region mit Entwicklungspotential bringt alle Voraussetzungen mit, die zum Erfolg führen können.

Quellen

Pohontsch, Anja et. al. Wo der Wendenkönig seine Schätze versteckt hat – Unterwegs in der sorbischen Niederlausitz. Domowina-Verlag, Bautzen 2011

Wetzel, Günter. Germanen – Slawen – Deutsche in der Niederlausitz. In: Bericht der Römisch-Germanischen Kommission. Band 83, 2002